Corona Zug
Der Platz neben unserer Autorin war auf ihrer letzten Zugfahrt nicht lange leer.

Abstandsregeln? Fehlanzeige!

Die Corona-Lockerungen führen anscheinend zu mehr Entspannung als gedacht. Eine Fahrt mit der Deutschen Bahn hat unsere Autorin geschockt.

Von Hannah Pieper, 15 Jahre

Letztes Wochenende habe ich zum ersten Mal seit knapp drei Monaten meinen Vater besucht, der in Nordrhein-Westfalen wohnt. Dazu musste ich den Zug nehmen. Lange waren wir uns nicht sicher, ob ich das auch wirklich machen sollte, weil man ja Reisen vermeiden sollte, aber ich hatte meinen Vater einfach so lange nicht mehr gesehen. Und wir waren uns sicher, dass es kein großes Infektionsrisiko geben würde, weil ja eigentlich nicht viele Menschen reisen sollten.

Auf der Hinfahrt war auch noch alles in Ordnung. Der Zug war zwar voller als gedacht, aber jeder hatte einen Zweiersitz für sich und die meisten Leute haben Masken getragen. Der Schock kam erst auf der Rückfahrt. Als ich in den Zug stieg war es noch einigermaßen leer, aber schon nach der nächsten Haltestelle hat mich ein Mann gefragt, ob er sich neben mich setzen darf. Ich habe erstmal abgelehnt, da ich davon ausging, dass wir auch im Zug die Abstandsregelungen einhalten müssen. In Hannover stiegen dann aber so viele Menschen ein, dass kein Abstandhalten mehr möglich war. Jeder Sitzplatz war besetzt und auch ich hatte eine Nachbarin bekommen. Einige Leute mussten sogar zusammengedrängt stehen. Zwar hatten alle eine Maske auf, aber dass die dann so gut schützt, dass ich nicht krank werde, wenn meine Nachbarin, zu der ich 30 Zentimeter Abstand hatte, Corona hätte, glaubte ich nicht.

Vorgehen der Deutschen Bahn ist unverantwortlich

Diese Situation hat mich echt geschockt. Es sah so aus, als wäre Corona vergessen, nachdem die Regierung die neuen Lockerungen verkündet hat. Ich finde es unverantwortlich von der Deutschen Bahn, dass sie so viele Tickets verkauft, dass sogar manche Menschen stehen müssen. Eigentlich müssten sie es so machen, dass sie nur Tickets mit Sitzplatzreservierung verkaufen, sodass man genau weiß, dass genug Abstand gehalten werden kann. In den öffentlichen Verkehrsmitteln kann ich verstehen, dass man die Auslastung nicht steuern kann, aber dieses Problem hat die Deutsche Bahn nicht. Sie kann mit ihrem Ticketverkauf ganz genau steuern, wie viele Menschen mit dem Zug fahren. Natürlich machen sie so mehr Gewinn. Aber wäre es nicht besser, stattdessen einfach die Tickets ein wenig teurer zu machen und dafür weniger zu verkaufen, damit die Zugreisenden geschützt werden? Ich und meine Angehörigen gehören zum Glück nicht zur Risikogruppe, aber das weiß ja niemand, wenn er sich neben mich setzt.

So wie die Situation jetzt gerade ist, kann niemand aus einer Risikogruppe Zug fahren, ohne Angst zu haben, sich anzustecken.

instagram-banner-vollbreit

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Corona-Pandemie Gesellschaft Zwischendurch

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.

Kommentare sind geschlossen.