Mein Laptop, seine Webcam und ich: Momentaufnahme einer schwierigen Dreiecksbeziehung in Zeiten von Corona

Die FU, an der unsere Autorin studiert, hat zum „Kreativsemester“ aufgerufen. Alle Kurse finden digital statt – zumeist mit Webcam-Pflicht. Und genau da beginnt das Problem.

„Die Maschine ist die souveräne Beherrscherin unseres gegenwärtigen Lebens.“ Dieses Zitat Egon Friedels, eines 1938 verstorbenen Schriftstellers, trifft erschreckend genau auf unsere aktuelle Zeit zu. Denn während Corona alle Studierenden zum Homeoffice zwingt, nimmt mein Laptop mit seiner Dysfunktionalität meine gesamte Aufmerksamkeit ein.

Das digitale Semester an den Berliner Hochschulen ist im vollen Gange. Die Freie Universität hat auf ihren Social-Media-Kanälen zum „Kreativsemester“ aufgerufen und diverse E-Learning-Methoden vorgestellt. Auch an der Humboldt-Universität gab es ähnliche Social-Media-Kampagnen mit Hashtags und geteilten Storys von hübsch dekorierten Arbeitsplätzen. Leider läuft im Uni-Homeoffice aber nicht alles so reibungslos, wie die Instagram-Stories es uns verklickern wollen.

Was mich aufregt ist die Webcam-Pflicht in einigen Kursen

Mein Indonesisch-Sprachkurs ist ein großartiges Beispiel hierfür. Eine neue Sprache zu lernen, ist schon eine Herausforderung an sich. Jetzt kommen noch stockende Internetverbindungen und schlecht ausgerichtete Mikros der Dozentin und anderen Teilnehmer hinzu. Erst herrscht Schweigen im Kurs, weil keiner ins Wort fallen möchte. Und kurz danach reden Dank der Zeitverzögerung alle durcheinander. Doch nach vier Wochen konnte ich mich auch daran gewöhnen.

Was allerdings wirklich aufregt, ist die Webcam-Pflicht, die in einigen Kursen herrscht. Denn wenn sich dein Laptop entscheidet, die Verbindung von integrierter Webcam und Treiber unwiderruflich zu löschen, hast du im Sprachkurs oder Seminar ein Problem. Zunächst habe ich alles Mögliche probiert, um das Problem selbst zu beheben: vom zeitaufwendigen Zurücksetzen des gesamten Systems über das Durchstöbern von Windows-Foren und das aufwendige Installieren einzelner Treibersoftware habe ich alles versucht. Diagnose: Die kleine Kamera ist einfach kaputt. Und das natürlich nur ganz kurz, nachdem die Garantie abgelaufen ist. Und weil gerade jeder eine Webcam haben will, sind diese nicht nur teuer, sondern haben auch lange Lieferzeiten.

Neue Idee: den alten Laptop wieder brauchbar machen

Während ich mich bereits mit meiner Nicht-Kamerapräsenz abgefunden hatte, war meine Dozentin gar nicht erfreut darüber. Zu Beginn jeder Stunde sagte sie mir, dass ich nicht zu sehen wäre und ein Bild bräuchte. Ganz im Style von MacGyver habe ich dann Konstruktionen mit meinem Smartphone gebastelt, um ein Video zuschalten zu können. Denn während an meinem Laptop die Kamera versagte, hat mein Handy seinen Akku schon lange aufgegeben. Jetzt hält es keine Stunde Videoübertragung aus, ohne aus zu gehen. Zudem ist das Mikro so schlecht, dass es nur Geräusche aus sehr kurzer Distanz aufnehmen kann.

Am Ende steckte mein Smartphone also erhöht, damit mein Gesicht wie gewünscht zu sehen ist, auf meinem Schreibtisch in einer Dose, in der sonst meine Stifte Halt finden. Das sah sehr interessant aus. Mithilfe meines Laptops konnte ich dann meinen Ton und mein Bild durch das Handy zuschalten. Mich gab es folglich immer zweimal im Videochat. Doch das konnte keine endgültige Lösung sein. Also neue Idee: den alten Laptop aus dem Schrank kramen und brauchbar machen. Denn selbst der Internet-Explorer sprintet locker an meiner alten Mühle vorbei, während ich versuche, ein Programm zu öffnen. Zwei Tage und einige kurze Wutanfälle später ist die Festplatte bereinigt, ein neues, schnelleres Betriebssystem installiert – und die Kamera funktioniert! Nach zwei Wochen kann ich endlich meine Dozentin mit meiner Kamerapräsenz beglücken. Herrlich. Auch wenn ich noch nie so viel Zeit damit verbracht habe, der Technik in meiner Wohnung Herr zu werden, ist es jetzt endlich so weit: der Instagram-taugliche Schreibtisch fürs Homeoffice ist eingerichtet.

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Wenn ich, 22, eine Top 5-Liste mit Sätzen, die ich in den vergangenen drei Jahren am häufigsten gehört habe, aufstellen würde, wäre „Was wird man denn so nach einem Geschichtsstudium?“ ganz weit oben vertreten. Zum Glück habe ich mittlerweile eine Antwort darauf gefunden: Journalistin. Darauf gekommen bin ich durch das Lesen von Harald Martensteins Artikeln, der selber Geschichte studiert hat. Von ihm habe ich auch meinen neuen Zukunftsplan: einfach immer schreiben. Genau das mache ich jetzt hier bei Spreewild, nachdem mir mein Praktikum in der Jugendredaktion so gut gefallen hat.