Frustration, Liebe, Frustration: „Harry Potter und das verwunschene Kind“

Knapp zehn Jahre nach dem letzten „Harry Potter“-Buch hat J.K. Rowling „Harry Potter und das verwunschene Kind“ veröffentlicht, das Skript zum Theaterstück. Seit dem Wochenende ist es auf deutsch zu haben. Ana ist Potter-Fan und hat es natürlich gleich gelesen.

Wie alle anderen Kinder der 90er-Jahre bin auch ich mit einer großen Idolfigur aufgewachsen – Harry Potter. Auch wenn ich erst später eingestiegen bin, hat mich die Geschichte um den Zauberlehrling und die vielen Abenteuer gleich mit dem ersten Buch gepackt, und bis heute nicht mehr losgelassen. Das beste Mittel gegen Kater ist immer noch ein Harry Potter-Marathon mit Familienpizza und der vierte Band das beste Mittel gegen Liebeskummer (immerhin muss ich gegen keinen Drachen kämpfen).

Seit dem Wochenende ist nun „Harry Potter und das verwunschene Kind“ bei uns auf deutsch erhältlich. Und ja, ich habe es längst gelesen. Vornweg: Ich würde es mir immer wieder kaufen und zehn Galleonen dafür geben, das Theaterstück zu sehen. Das Buch fand ich jedoch leider irgendwie – verwunschen.

Cover des neuen Buches. Foto: Carlsen Verlag
Cover des neuen Buches. Foto: Carlsen Verlag

Warum? Erstens: Ein Skript kann niemals ein Buch mit all seinen liebevollen Details ersetzen. Zweitens: Mein Kindheitsheld sitzt mittlerweile als Familienvater verbittert und müde hinterm Schreibtisch und hat sich emotional nicht wirklich weiterentwickelt. Harry hadert das gesamte Skript über mit seiner Rolle als Vater, laut ihm, weil er sich nie auf eine Vaterrolle stützen konnte. Bezeichnend hierbei ist es, dass er genau mit dem Kind Probleme hat, das den Namen seines „Vaterersatzes“ trägt: Dumbledore. Auch zwischen den beiden kommt es zum großen Showdown und Harry kann, extrem komprimiert auf drei Sätze ausgedrückt, Dumbeldore seine Wut, Angst und Liebe mitteilen.

Emotional wird es, sobald Draco auf den Plan tritt, die ganze Zeit über schützend über seinen Sohn Scorpius gestellt und gezeichnet vom Verlust seiner Frau. Auch zwischen den beiden ehemaligen Erzrivalen kommt es zur Aussprache. Was auch sinnvoll ist, denn Albus Severus und Scorpius werden auf den ersten drei Seiten gleich mal zu besten Freunden und stürzen sich in ein großes Abenteuer durch Raum und Zeit. So unterschiedlich die beiden auch sein mögen, fühlen sie sich gezeichnet von der Bürde, die ihnen, wenn auch ungewollt, von ihren Vätern auferlegt wurde – der eine ist der Sohn des Auserwählten, um den anderen rankt sich ein dunkles Geheimnis.

Und um J.K.’s Lieblingszahl drei wieder zu vervollständigen, reiht sich auch noch Delphie Diggory ein, bei der man zu Beginn nicht so ganz genau weiß, auf wessen Seite sie jetzt steht, um dann aber zu erfahren, dass auch sie zu den verwunschenen Kindern gehört. Ihre Last ist mitunter die Dunkelste.

Herzerwärmend sind hingegen die Auftritte unserer Lieblingsstars. Nicht nur Bane und McGonagall bringen uns zum schmunzeln. Auch Held Nummer 1, Snape, bekommt einen kleinen Auftritt in dem er sich einmal mehr als der tragische Held beweist und dieses mal dafür direkt Anerkennung bekommt.

Zusammenfassend würde ich dem Buch 9 3/4 von 10 Zauberstäben geben. Rowlings wichtigste Themen Liebe und Freundschaft sind immer noch zentral in der Welt rund um den Zauberlehrling und lehren uns, dass es keine stärkere Kraft als diese gibt und man immer auf sie vertrauen sollte.

Mit Wehmut muss ich gestehen, dass Harrys Frustration vielleicht unvermeidlich ist, ich aber zu egoistisch bin, für so eine unangenehme Wahrheit Harry Potter zu opfern. Auch das Ende (ich will es nicht verraten) ist mir zu sehr Hollywood. Aber vielleicht wollte sie damit nun auch wirklich einen Schlusspunkt setzen.

Von Ana Pecanic, 21 Jahre

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Kategorien Kultur Literatur

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