Die Euro-Vision von Freiheit kann sich erfüllen

Hannah Vahlefeld wünscht sich, dass die Medien in Aserbaidschan dranbleiben. Foto: Privat

Von Hannah Vahlefeld, 19 Jahre


Europa hat eine neue musikalische Botschafterin: Die schwedische Sängerin Loreen wurde vor einer Woche zur Siegerin des diesjährigen Eurovision Song Contest (ESC) gekürt. In der Crystal Hall, die extra für die Veranstaltung in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans gebaut wurde, sorgte das für beste Stimmung, außerhalb der Halle sah es anders aus. Schon im Vorfeld des Wettbewerbs hatten Oppositionelle und Regierungskritiker die europäische Aufmerksamkeit genutzt, um gegen Zensur, Korruption und Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land zu protestieren.


Über die Demonstrationen haben ausländische Medien ausführlich berichtet. Doch mit dem letzten Scheinwerfer des ESC erlischt auch die mediale Aufmerksamkeit für Aserbaidschan – für die nicht vorhandene Rede- und Pressefreiheit, die zweifelhaften demokratischen Verhältnisse und das repressive Regime von dem seit 2003 amtierenden Präsidenten 
Ilham Alijew.


Es ist gut, dass die Medien trotz Einschüchterungsversuchen über die gewaltsamen Festnahmen und Misshandlungen von Regimekritikern berichteten. Nun ist es wichtig, damit fortzufahren, damit die Bedenken, die etwa vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung Markus Löning (FDP) während des vergangenen Jahres gegen die Zustände in dem Land hervorgebracht wurden, nicht verpuffen.


Nach dem ESC ist vor dem ESC, und das bedeutet, dass sich alle Augen bereits gen Norden richten, nach Schweden, dem neuen Siegerland, das den Musikwettbewerb im nächsten Jahr ausrichtet. Also sind die aserbaidschanische Regierung und die westlichen Medien offiziell von ihrer Aufgabe als Gastgeber beziehungsweise Beobachter befreit. Ihr einjähriges Engagement ist erfüllt. Aber es wäre bedauerlich, wenn sich der Westen nun tatsächlich nicht mehr in der Pflicht sähe, unbequeme Themen bezüglich der aserbaidschanischen Politik anzusprechen.


Der ESC ist heutzutage mehr als nur ein Musikwettbewerb für Schlagerfans. Durch das mediale Interesse geraten die Verhältnisse im Gastgeberland in den Fokus, und der Dialog wird gefördert – sowohl im Land selbst als auch innerhalb Europas. Gerade auch deshalb war es gut, den ESC in Aserbaidschan nicht zu boykottieren, wie es sich einige Kritiker gewünscht hatten. Der Wettbewerb sollte künftig als Chance begriffen werden, die Verhältnisse im jeweiligen Gastgeberland zu verbessern. Dafür bedarf es mehr als ein Jahr, ein Lied kann aber eine Brücke zu einer kontinuierlichen Arbeit an einer besseren Welt sein.


Menschenrechte für alle, in 
jedem Land der Welt. Utopisch oder realisierbar?

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Kategorien Politik

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