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Auch Micky-Maus-Krawatten werden nun aus dem Senat verschwinden - mit Zöllner geht ein Original. Foto: DPA
Auch Micky-Maus-Krawatten werden nun aus dem Senat verschwinden - mit Zöllner geht ein Original. Foto: Rainer Jensen dpa/ldn




von Vivian Yurdakul, 21 Jahre



Fast werden wir melancholisch in der Jugendredaktion: Ursache ist der bevorstehende Abschied eines Berliner Politikers. Natürlich, die Abgeordnetenhauswahl ist noch nicht entschieden. Aber unabhängig davon, wer nach dem kommenden Sonntag in den Senat einzieht, steht eins jetzt schon fest: Jürgen Zöllner, seit fünf Jahren für die SPD Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung, wird sein Büro in der Senatsverwaltung in der Otto-Braun-Straße räumen. Bereits im Mai kündigte der 66-Jährige an, sich aus der Politik zurückzuziehen und zur Ruhe zu setzen. Egal, wie die Wahl ausgeht.



Nun lässt sich bei einer Amtszeit von fünf Jahren kaum von einer Ära sprechen, doch für die Jugendredaktion, deren älteste Mitglieder Anfang zwanzig sind, geht genau eine solche zu Ende. Seit wir uns für Politik interessieren, ist Zöllner an unserer Seite. Natürlich tauchte sein Name nicht jede Woche auf der Jugendseite auf. Doch die Redaktionstreffen, bei denen er in den vergangenen fünf Jahren nicht erwähnt wurde, sind an einer Hand abzuzählen.



Zugegeben, wenn wir etwas über Zöllners Politik geschrieben haben, sind wir meist hart mit ihm ins Gericht gegangen. Die Zahl der Kommentare, in denen wir seine Entscheidungen lobten, steht in keinem Verhältnis zu den vielen Texten, in denen wir sie kritisierten. Dennoch macht sein Abschied wehmütig. Ein großer Teil unserer Redaktion hat in Zöllners Senatsverwaltung gelernt, wie man einen Politiker interviewt und wie man sich bei Pressekonferenzen verhält. Und es war Zöllner, der uns gelehrt hat, dass es bei Letzteren nicht immer so formell zugeht, wie man das aus Filmen kennt. Unvergessen seine Bisse ins belegte Brötchen, während er den versammelten Journalisten vor etwas mehr als einem Jahr die Ergebnisse des ersten „Runden Tischs Jugend“ erläuterte. Er hatte es vorher nicht mehr geschafft, etwas zu essen.



Zöllners Politik bestand aus vielen Reformen und Projekten: Sekundarschule, Ganztagsschule, jahrgangsübergreifendes Lernen. Ob alle erfolgreich sind, ist noch nicht raus. Eins aber steht so fest, wie Zöllners Entschluss, sich zur Ruhe zu setzen: Am meisten mag man immer die, an denen man viel herumkrittelt. Die Jugendredaktion wünscht Ihnen eine entspannte letzte Wahlkampfwoche, Herr Zöllner. Wir vermissen Sie jetzt schon.

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Kategorien Politik

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