Foto Harald Hoffmann

„Höher, schneller, weiter ist nicht mehr das Ziel“

Der Weg zum neuen Album war hart, jetzt beginnt die Tour. Wir trafen Silbermond zum Interview

Wer fast 20 Jahre im Musikgeschäft unterwegs ist, sammelt einiges an Ballast an. Das fanden jedenfalls die Mitglieder von Silbermond und wollten sich mit ihrem neuen Album „Leichtes Gepäck“ davon befreien. Ende Februar startete die Tour, in Berlin machen die vier Bautzener am 28. Mai Station. Stefanie und Andreas erzählten uns, ­warum der Weg dahin nicht ganz einfach war und wie sie sich jetzt vorbereiten.

Euer Album heißt „Leichtes Gepäck“. War der Moment der Veröffentlichung tatsächlich eine Erleichterung?
STEFANIE: Klar, man ist immer erleichtert, wenn eine Platte rauskommt. Man feilt ja bis zur letzten Sekunde an den Songs und verändert immer noch ein paar Kleinigkeiten. Das meiste spielt sich allerdings schon vorher ab. Das Innehalten und die Überlegungen, in welche Richtung wir gehen wollen. Das war bei diesem Album ein wichtiger Moment für uns als Band.

Ihr neues Album promoten Silbermond natürlich auch in Berlin: am 28. Mai. Foto: Harald Hoffmann
Ihr neues Album promoten Silbermond natürlich auch in Berlin: am 28. Mai. Foto: Harald Hoffmann

Führt zu viel Ballast zwangsläufig zum Stillstand?
STEFANIE: Ich glaube schon. Es verlangsamt dich auf jeden Fall. Wie oft kommt man abends nach Hause und fragt sich: Was habe ich heute eigentlich gemacht? Jeder muss für sich immer wieder kontrollieren, ob er den richtigen Ballast mit sich rumträgt.

Seid ihr bislang zufrieden mit dem ­Erfolg des Albums?
STEFANIE: Die größte Herausforderung war, gewisse Dinge innerhalb der Band zu klären. Es stand ja auf der Kippe, ob es überhaupt eine neue Silbermond-Platte geben wird. Wir sind dankbar, dass wir es geschafft haben, das hat uns sehr befreit. Höher, schneller, weiter ist nicht mehr das Ziel. Für uns alle ist die wichtigste Aufgabe, morgens aufzustehen und glücklich zu sein mit dem, was wir tun. Einen Job oder eine Aufgabe zu finden, die einen erfüllt. Wir ­freuen uns, dass es mit der Platte gut läuft, aber so oder so hätten wir eine Art von Zufriedenheit gefühlt. Musik ist und bleibt ein Gefühl, das dich entweder berührt oder nicht.

Neigt man in der heutigen Gesellschaft denn eher dazu, aneinander vorbeizuleben?
STEFANIE: Wenn man sich in ­einem Café umsieht und beobachtet, dass alle auf ihr Smartphone schauen und sich nicht mehr unterhalten, dann könnte man schon diesen Eindruck bekommen. Wenn man nicht miteinander redet, führt das zu Missverständnissen. Durch soziale Medien ist das leider immer weniger geworden, aber vielleicht kommt ­irgendwann der Punkt, an dem man das erkennt.

Ist das Leben tatsächlich schneller geworden oder setzen wir uns nur selbst stärker unter Druck?
ANDREAS: Wir leben in einer ­Erfolgsgesellschaft. Von Kindheit an wird uns eingebläut: Du hast schlechte Noten, aus dir wird nichts. Manche macht das kaputt.

Foto Harald Hoffmann
Foto: Harald Hoffmann

Wie bereitet ihr euch auf die Tour vor? Habt ihr Rituale?
ANDREAS: Das wichtigste Ritual ist natürlich proben. Wir bereiten uns sehr intensiv vor und sind auch wahnsinnig motiviert, weil wir diesmal ein eigenes Konzert in der Wuhlheide haben.

Habt ihr Tipps gegen Lampenfieber?
STEFANIE: Wenn es ein Buch darüber gäbe, ich würde es sofort lesen. Lampenfieber bekommt man nicht weg, und das ist auch gut so. Alles, was man sich vornimmt, ist sowieso wieder vergessen, wenn man auf der Bühne steht. Deshalb sollte man die Aufregung einfach mitnehmen. Teilweise befeuert sie sogar die Stimmung.

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Kategorien Konzerte Kultur Musik

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.