„Wenn ich mal groß bin…“

Träumt ihr nicht auch manchmal davon, eure Leidenschaft später zum Beruf zu machen? Wir haben uns auf die Suche nach jungen „Traumberuflern” gemacht, die euch von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen erzählen.

„Die Expression von Estrogenrezeptor Beta in kolorektalem Karzinomgewebe und in gesunder Kolonschleimhaut“ – Dieses Thema verhalf der jungen Berlinerin Katrin im Oktober 2007 zum Doktortitel der Humanmedizin. Zu diesem Zeitpunkt wusste sie bereits genau, was es für sie bedeuten würde, Ärztin zu sein. Nicht nur die Eltern, sondern auch der Bruder der 30-jährigen sind Mediziner. Bereits als Kind bekam sie Einblick in den elterlichen Arbeitsalltag. Trotz der vielen Einbüßungen, die ihr bevorstehen sollten, entschied sie sich ganz bewusst für das Medizinstudium. Zur Zeit ist Katrin im Klinikum Friedrichshain als Anästhesistin tätig.

„Man muss ein Stück weit verrückt sein, um das durchzuziehen.“

 

Katrin in OP-Kluft. Foto: privat

Katrin, wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Dir aus?

Ich arbeite als Anästhesistin entweder im OP oder auf der ITS (Intensivstation). Im OP bespreche ich die Operationen, die für den Tag anstehen. Ich befasse mich intensiv mit der Akte des einzelnen Patienten, bereite die Narkose vor und leite sie danach auch ein.

 

Während der Operation betreue ich den Patienten und überwache verschiedene Dinge, u.a. Herz-Kreislauf, Flüssigkeitshaushalt, Blutentnahme, gegebenenfalls Bluttransfusion und Medikamente.

Je nach Schicht bin ich noch in der Anästhesiesprechstunde tätig. Ich studiere die Krankenakte und mache mir ein Bild von den Erkrankungen des Patienten, stimme die Narkose auf ihn ab und bespreche mit ihm die Besonderheiten der Narkose.

 

Zusätzlich gibt es noch Bereitschaftsdienste, in denen ich für die Durchführung von Notfalloperationen zuständig bin. Im Kreißsaal lege ich PDA (Periduralanästhesie) für schmerzarme Entbindungen. In der Rettungsstelle helfe ich bei der Versorgung von schwer verletzten Unfallopfern mit.

 

Auf der ITS beginnt die Schicht mit einer Übergabe zwischen den Kollegen. Jeder Patient wird einmal pro Tag komplett untersucht. Es wird für jeden Patienten das weitere Procedere festgelegt, zum Beispiel ob die Fortsetzung des künstlichen Komas oder eine weitere Diagnostik notwendig sind. Mit den Kollegen der operativen Fachabteilungen wird das weitere Vorgehen besprochen.

 

Außerdem werden die Ernährung und die Medikamentengaben täglich modifiziert. Zusätzlich beinhaltet meine Arbeit auch Angehörigengespräche und die Notfalltherapie vor Ort.


Was waren ursprünglich Deine Vorstellungen von dem Beruf und wie sieht die Realität nun aus?

Vorstellung und Realität decken sich eigentlich. Ich wusste ja, wie meine Eltern gearbeitet haben und habe während meines Studiums den Arbeitsalltag meines Bruders mitbekommen. Es war für mich klar, was kommen wird und so ist es auch gekommen.

 

Erzähl uns von Deinem bisher aufregendsten Erlebnis in Deinem Beruf.

Es gibt sehr viele aufregende Erlebnisse, aber an eines denke ich bis heute oft zurück. In einem meiner ersten Bereitschaftsdienste ist nachts um 1 Uhr ein Patient mit dem Notarzt ins Haus gebracht worden. Er hatte eine schwere innere Blutung und wäre fast verstorben. Der Patient wurde die ganze Nacht lang operiert. Ich habe die Narkose gemacht und Blut transfundiert.

 

Drei Wochen später wurde er von der Intensivstation auf die Normalstation verlegt und ist nach ein paar Wochen nach Hause entlassen worden. Das war eine spannende Nacht und es ist bis heute ein irre gutes Gefühl, dass man daran beteiligt war und das geschafft hat.


Was würdest Du jungen Leuten empfehlen, die auch Arzt werden wollen?

Wie in jedem Beruf sollte man sich vorab informieren, worauf man sich da einlässt. Es kommt in der Medizin sicher auch immer auf die Fachrichtung an, die man wählt oder ob man gar nicht in die Klinik geht, sondern in die Forschung oder in die Pharmaindustrie gehen möchte. Es gibt viele Möglichkeiten.

 

Ich kann nur für die Klinik und insbesondere für die Anästhesie sprechen: Man muss ein Stück weit verrückt sein, um das durchzuziehen. Es erwartet einen das Schichtsystem, 24-Stunden-Dienste, Wochenend-Dienste, einfach viel Arbeit und ein, wie ich finde, ungesunder Tag-Nacht-Rhythmus.

 

Freizeit ist sicherlich rar gesät, aber ich kann jetzt nicht behaupten, dass ich nur arbeite und das Leben an mir vorbeizieht. Ich nutze meine Freizeit bewusster, auch wenn ich mich manchmal dazu zwingen muss.

 

Man verdient sicherlich gutes Geld und man kann darüber streiten, ob es dem Aufwand und der Verantwortung, die man trägt, gerecht wird. Aber reich wird man als Arzt definitiv nicht! Wenn man aber die Leidenschaft für diesen Beruf in sich entdeckt, sollte man es unbedingt machen! Dieser Beruf erfüllt mich. Und auch wenn ich oft ausgebrannt bin, ich würde es jeder Zeit wieder machen.

 

Was wärst Du heute, wenn Du nicht Ärztin geworden wärst?

Ich habe schon oft darüber nachgedacht, welcher andere berufliche Weg für mich eine Option gewesen wäre. Zum Ende der Schulzeit hatte ich über das Lehramt nachgedacht. Musik spielt in meinem Leben auch eine große Rolle. Vielleicht wäre ich Flötistin in einem Orchester geworden und hätte Instrumentalunterricht gegeben. Auch Veterinärmedizin war eine Option.

Aber wie schon erwähnt: dieser Beruf ist meine Leidenschaft und ich kann mir keinen anderen für mich vorstellen.

Von Kristin Magister

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