„I am the real human”

Ob Bosnisch, Serbisch, Englisch oder Arabisch in der Willkommensklasse des Bertha-von-Suttner Gymnasiums werden viele Spachen gesprochen.

Von Valentina Horvat, Klasse 10d des Bertha-von-Suttner Gymnasium

Sieben unscheinbare und schüchterne Schüler stehen vor einer Klassenraumstür und warten auf die Lehrerin mit dem erlösenden Schlüssel für den Raum. Das Klimpern und Klirren des Schlüssels ertönt in dem gesamten Schulflur. Schon läuft Frau Koch, die Lehrerin den Flur entlang zum Klassenraum, begrüßt alle mit einem großen Lächeln und öffnet dann den Klassenraum. Die sieben Schüler flitzen nacheinander in den Klassenraum. Nachdem sich alle hingesetzt haben, fängt Frau Koch an aus ihrem Beutel große Schokoladenweihnachtsmänner zu holen. Langsam stellt sie auf jeden Tisch einen Schokoladenweihnachtsmann.Jeder der Schüler schaut sie verwundert, interessiert oder gar nervös an. Sie sitzen aufrecht, da mit ausgestrecktem Kinn und geradem Rücken. Frau Koch beginnt zu sprechen: „Guten Morgen, ihr Lieben. Am Sonntag war der 06. Dezember. Da bekommen Kinder in ihre Schuhe Schokolade oder kleine Geschenke. Wisst ihr wie dieser Tag heißt?“ Alle schweigen und sehen sich verwundert um. Die Lehrerin wiederholt die Frage auf Englisch, darauf antwortet ein blondhaariges Mädchen ebenfalls auf Englisch. Sie trägt eine hellbalue Leggins und eine weißes Top, darüber trägt sie eine blaue lässige Strickjacke. Sie spricht mit einer tieferen Stimme und antwortet auf Englisch. Nachdem Frau Koch mit ihrer Einleitung fertig ist, schickt sie zwei Schüler nach draußen. Der eine Schüler trägt eine schwarze enge Hose, ein weißes Top und eine schwarze Lederjacke. Er sieht schüchtern aus, gleichzeitig strahlt er eine gewltige innere Stärke aus. Die andere Schülerin ist das Mädchen mit der blauen Strickjacke. Frau Koch beteuert, dass diese beiden Schüler die Besten seien, die Englisch sprechen.

„Je li imas olovku? “ (Hast du einen Bleistift?) „Da, imam.“ ( Ja, hab ich.)

Der Junge, mit dem Namen Marwam, läuft mit kleinen Schritten Richtung Cafeteria sowie auch Vanessa , das Mädchen. Beide setzen sich an einen viereckigen Holztisch, an dem vier Stühle stehen. Sie sitzen nebeneiander und schweigen bis Marwam anfängt seine Geschichte zu erzählen.
„Vor drei Monaten sind mein großer Bruder, meine kleine Schwester, mein anderer kleiner Bruder und ich aus Syrien geflohen. Meine Eltern blieben zurück. Wir lebten in Syrien in Dirrazloor, nahe des Iraks.“ Sie fuhren 18 Stunden in einem kleinen Boot über den Ozean. Als er davon erzählt, gerät er einpaarmal ins Stocken. Er schaut nicht in die Gesichter anderer, sondern die ganze Zeit über ist sein Blick auf die Platte des Tisches, an dem er sitzt, gerichtet. Er nahm die gefährliche Reise auf sich, um herzukommen, zu studieren und bessere Chancen für die Zukunft zu haben. „Alle meine Freunde von dort sind tot. Das einzige, das ich Zuhause mitgenommen habe, war ein kleines Handy, nur zum Telefonieren.“ Es entsteht eine lange Pause des Schweigens. Er wirkt traurig und zersträut. Er hat schon lange nicht mehr die aufrechte Haltung wie am Anfang. Seine Schultern sind eingesackt und sein Kopf hängt nach unten. Die nächste Frage wird gestellt, doch mit der Antwort zögert er, denn eine kleine Traube von Schülern läuft an dem Tisch vorbei. Die Gruppe verursacht viel Lärm, denn alle reden auf einmal miteinander. Er richtet sich sofort auf und schaut der Gruppe Jugendlicher hinterher. Als sie um die Ecke biegen und langsam wieder Ruhe einkehrt, antwortet er.

„Woher ich so gut Englisch kann? Das hat mir mein Bruder beigebracht und der kann das aus englischen Raptexten.“

Für ihn ist es selbstverständlich, Englisch nicht in der Schule zu lernen, sondern aus Liedern, die man hört. Auf die Frage, welchen Unterschied er zwischen Syrien und Deutschland sieht, antwortet er ohne zu zögern.

„Alles ist anders.“

Die Unterhaltung geht noch weiter, dennoch plappert Vanessa, die die ganze Zeit zugehört hat, jetzt drauf los. Sie erzählt, wie ein Wasserfall von ihrem Leben. Immer mehr Schüler gehen vorbei. Ob Oberstufe, Mittelstufe oder Unterstufe alle laufen zügig voreib und untrhalten sich über die nächste Unterrrichtsstunde oder die Hausaufgaben. Es wird zunehmend lauter, denn blad wird es zur nächsten Stunde klingeln. Vanessa erzählt gerade von ihrem Alter, da unterbricht Marwam sie. Er erzählt, er sei 13, protestierend schaltet sich Vanessa ein und erklärt, er sei aber erst 12 Jahre alt. Daraus entwickelt sich ein kleiner freundschaftlicher Streit. Als sie aufhören ist die gemeinsame Zeit mit den beiden schon vorüber. Sie verabschieden sich und laufen schweigend zu ihrem Klassenraum zurück.Einem steigt der Geruch von Schokobrötchen in die Nase. Es ist ein angenhem süßer und starker Duft. Der Geruch kommt einem Vertraut vor. Er lässt Sehnsüchte und Wünsche hochkommen.Doch das Läuten der Pausenglocke lässt einen aus seinen Gedanken hochschrecken und in die Realität zurückkommen. Der Geräuschpegel steigt zunehmend an. Denn die Cafeteria füllt sich mehr und mehr mit hungrigen und müden Schülern,die sich alle nochmal frisch auftanken wollen, bevor es in die nächste Stunde geht. Marwams und Vanessas Silhouetten sieht man hinter den Schülermassen im Gang verschwinden.
Doch Marwams letzter Satz hängt noch in der Luft und regt zum Nachdenken an.

„I am the real human!“ (Ich bin der wahre Mensch!)

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Aktuelle Beiträge

Hier erscheinen Beiträge von Schülerinnen und Schülern der 3. bis 12. Klassen aller Schulformen aus Berlin. Sie nehmen am Medienprojekt „Spreewild“ der Berliner Zeitung teil. Politisches Geschehen, Kultur und Alltag, Bildung und Zukunft, mit all diesen Themen beschäftigen sie sich, wie ihre Beiträge zeigen.