Alter Egos


Foto: Raufeld

Patrick Maier, 19 Jahre, aus Schmargendorf: „Zu Ostern kommt bei uns immer die gesamte Familie zusammen – auch entfernte Verwandte, die ich kaum kenne. Wenn ich mit den Älteren von ihnen an einem Tisch sitze, habe ich jedes Mal das gleiche Problem: Ich weiß einfach nicht, über was ich mit ihnen reden soll. Worüber sprechen ältere Menschen denn gerne?“


Herr Höff antwortet: Älteren Menschen wird ein gutes Langzeitgedächtnis nachgesagt, weshalb sie sich an zurückliegende Ereignisse lebhafter erinnern können und auch gern davon sprechen. Je nach Temperament wird von den „Heldentaten“ in der Jugend geschwärmt oder bei Misserfolgen die Ungerechtigkeit der Welt angeprangert.


Das kann sogar sehr interessant sein, wenn man den älteren Gesprächspartner nicht einfach seinen Assoziationen überlässt und er nicht durch irgendein Stichwort, dass er sich selbst gibt, vom Gang der Ereignisse abweicht, sodass er sich mehr zufällig von einem Begriff zum anderen hangelt. Ereignisse, die vielleicht sogar schon als historisch gelten, in der Schule aber eher trocken behandelt wurden, können durch den Bericht eigener Erlebnisse viel plastischer werden. Da ist es natürlich nützlich, wenn man sich selbst einigermaßen in Geschichte auskennt und auch mal gezielt nachfragen kann.

Die Konversation zwischen Jung und Alt sieht oft leichter aus, als sie ist. Foto: Fotolia / Kablonk Micro


Vor cirka 30 Jahren habe ich aus Mangel an mir bekannten älteren Menschen sogar per Annonce nach Gesprächspartnern gesucht, die mir etwas aus ihrem zurückliegenden Erleben erzählen sollten. Heute fände ich es interessant, mit einem Menschen zu sprechen, der in der Zeit um 1918 in Österreich gelebt hat und den ich nach seinem Empfinden fragen kann, als er erleben musste, wie das große Reich der Habsburger zu einer Zwergenrepublik wurde. Leider finde ich keinen so alten Menschen mehr. Aber ähnlich interessante Ereignisse gibt es natürlich viele in der Geschichte, auch in der jüngsten, sodass es viel Interessantes zu erfahren gibt.


Wenn dein Gesprächspartner noch gut drauf ist, sodass er, wenn du ihm von deinem Vorhaben erzählst, nach dem Abitur den Bachelor zu machen, weiß, wovon die Rede ist, kannst du natürlich auch aus deinem verhältnismäßig kurzen, aber doch ereignisreichen Leben erzählen.


Wichtig ist vor allem, dass man locker bleibt und das Gespräch nicht als schwierige Aufgabe, sondern als Chance für eine Erweiterung des eigenen Horizonts begreift.


Dein Manfred


Habt ihr auch eine Frage an unsere Alter Egos, die in allen Lebenslagen mit der Kraft der zwei Erfahrungsschätze Rat wissen? Schreibt uns an blz-jugendredaktion@berliner-zeitung.de

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