Zum Ende ihres Bachelors lässt Aniko ihr Studium noch einmal Revue passieren.

3,5 Jahre Uni: Erkenntnisse einer baldigen BA

Aniko hat alles getan, was es im Bachelor zu tun galt. Jetzt wartet sie auf die Abschlussnote – und kommt ins Grübeln, was die letzten 3,5 Jahre eigentlich gebracht haben.

Die letzten Essays sind gedruckt und die Abschlussarbeit eingereicht. Für mich beginnt die spannendste und gleichzeitig langweiligste Phase eines Studiums: das Warten auf die Abschlussnote. Genug Zeit um mein Studium zu rekapitulieren.

„Genieß die Studentenzeit, es wird die beste Zeit deines Lebens“, hörte ich mit Studienbeginn oft von Eltern, Verwandten und anderen Erwachsenen. Dass dies kein einziger Student oder Gleichaltriger vor drei Jahren zu mir sagte, wundert mich heute nicht. Denn nun kann ich nachvollziehen, warum das so war.

Wofür das alles?

In den fast dreieinhalb Jahren bin ich in meinen Studienfächern um einiges klüger geworden. Ich habe von Grund auf eine neue Sprache gelernt und mich mit Kultur und Eigenheiten eines mir vorher fast fremden Landes intensiv beschäftigt. Ich saß in sechsstündigen Theateraufführungen und farbspritzenden, lauten Tanzperformances und schrieb danach seitenlange Analysen mit möglichen Interpretationen. Ein Erasmussemster gab mir die Chance in einem neuen Umfeld zu studieren und dabei über den Tellerrand hinauszuschauen. Während ich im ersten Semester inständig hoffte, nie wieder Antonin Artaud und Jacques Derrida lesen zu müssen, hatte ich mich spätestens im dritten damit abgefunden, dass ihre Texte einen großen Teil meines Studiums ausmachen. Ich entdeckte Harry Mulisch und Mette Ingvartsen für mich und wurde auch immer kreativer in der Antwort auf die Frage: „Was willst du denn mit einem geisteswissenschaftlichen Studium anstellen, außer Taxi fahren?“

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Wenn ich mit meinem Abschluss eines erreiche, dann den Bachelor of bureaucracy. Mein Studium an der Universität hat mich im Erkennen von instabilen, unzuverlässigen Systemen und dem zielorientierten Arbeiten mit unlösbar scheinenden Problemen geschult. Ein Studium in Regelstudienzeit? Erscheint mir bis heute unmöglich. Der bürokratische Aufwand vor, während und nach einem Erasmusaufenthalt? War für mich zu jeder Zeit wahnsinnig verkompliziert. Prüfungsamt, Dozenten und Sekretariate? Haben meinen Namen wahrscheinlich auf die Rote Liste gesetzt. Die Wahl meiner Studienfächer? Würde ich trotzdem immer wieder treffen.

Ein Studium ist das, was ihr draus macht

Am Ende ist ein Studium immer das, was man daraus macht. Wer in einer Großstadt wie Berlin studiert, sollte sich dessen bewusst sein, die große Hürde der Anonymität nehmen zu müssen, um Anschluss zu finden. Diejenigen, die günstig wohnen, sind nie die, die Mal schnell in die Bibliothek fahren können um ein Buch auszuleihen. Und wer nicht damit umgehen kann, erst nach der zehnten Mail eine Antwort vom Professor zu bekommen, sollte sich sowieso nach etwas anderem als einem klassischen wissenschaftlichen Studium umsehen.

In der Mitte des Studiums, wenn einen die große Erkenntniswelle packt, zeigt sich, ob man gewillt ist, bis zum Bachelor zu kämpfen oder bereits beim nächsten überfüllten Seminar aufzugeben.

Am Anfang ihres Studiums war Aniko noch ganz euphorisch. Wie es ihr im ersten Semester ergang, könnt ihr in ihrer Ersti-Kolumne nachlesen.

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.