Ausgeplauderte Aufgaben, kaputte Kofferräume

Es ist der Höhepunkt der Schullaufbahn und für die Lehrer die wichtigste Arbeit des Jahres: das Abitur. In Berlin stecken die Schüler gerade mitten in den Prüfungen. Die sind in den vergangenen Jahren allerdings nie reibungslos über die Bühne gegangen. Aus aktuellem Anlass hat die Jugendredaktion die ultimative Abipannenchronik zusammengestellt:

2008: Wir starten mit dem Pannenjahr schlechthin – vor allem für Westdeutschland: Als „Oktaeder des Grauens“ werden die nicht lösbaren Aufgaben des Matheleistungskurses bekannt. Außerdem wird ein verrutschtes Komma in der Erdkundeprüfung zu spät berichtigt und Biologie-Abiturienten müssen sich in 30 Minuten versehentlich durch 18 Seiten Text kämpfen, um sich schließlich für zwei Aufgaben zu entscheiden.

2009: Düsseldorfer Abiturienten müssen erneut zur Prüfung erscheinen, weil ihr Lehrer die Klausuren des falschen Faches ausgedruckt hat. Statt im Themenfeld Allgemeine Sozialwissenschaften beantworten 28 Schüler die Fragen in Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Wirtschaft. Acht von ihnen haben Glück, denn sie entscheiden sich für die einzige Aufgabe, die in beiden Prüfungen identisch ist, und sind nicht gezwungen, zur Wiederholung anzutreten.

2010: Ein Jahr, das glimpflich abläuft: Kleinere Fehler in den Matheprüfungen der Berliner Schüler haben keine schwerwiegenden Folgen, weil sie schon kurz nach Prüfungsbeginn informiert werden.

2011: Weil die Klappe des Koffers seines Mopeds defekt ist, verliert ein Mathelehrer in Niederösterreich die Matura-Arbeiten seiner Schüler, die diese dann wiederholen müssen.

2012: Eine Klasse mit 13 Schülern aus Hildesheim scheitert geschlossen am Deutsch-Abitur. Kein Wunder: Ihr Lehrer hatte glatt vergessen, im Unterricht die Pflichtlektüre „Die Physiker“ von Friedrich Dürrenmatt zu behandeln. Die Schüler treten zu einer Nachholklausur an.

2013: Ein Mathelehrer in Nordrhein-Westfalen plaudert gegenüber einer Schülerin die Matheaufgaben aus. Ein Jahr später wird er zu 7200 Euro Strafe verurteilt. Im selben Jahr müssen Berliner Schüler nach einer Klassenfahrt nach Spanien das Englisch-Abitur wiederholen, weil ihrer Lehrerin der Koffer samt Prüfungen am Busbahnhof geklaut wurde.

Simon Schräder beantragte, die Abituraufgaben vorab lesen zu dürfen. FOTO: DPA.
Simon Schräder beantragte, die Abituraufgaben vorab lesen zu dürfen.
FOTO: DPA.

2014: Eine Teilaufgabe zur Elektrotechnik in der schriftlichen Physikprüfung ist unvollständig und muss am Prüfungstag korrigiert werden. Das bringt den Prüflingen mehr Zeit zum Lösen der Aufgaben ein.

2015: Ein Lehrersohn in Schwäbisch Hall verbreitet die Korrekturhinweise des Mathe-Abiturs. Die Folge sind vor allem verunsicherte Schüler. Auf legalem Weg versucht ein 17-Jähriger in Münster, vor der Prüfung an die Abituraufgaben zu kommen: Er beantragt Einsicht in die Dokumente und belegt sein Anliegen mit dem Informationsfreiheitsgesetz. Das Bildungsministerium lehnte vergangene Woche dennoch ab.

2016: Welche Panne erwartet uns wohl kommendes Jahr? Können wir die Chronik bald um „Mission: Impossible – Berliner Schüler klauen in Nacht-und-Nebel-Aktion Abiturlösungen aus der Senatsbildungsverwaltung“ ergänzen?

Von Aniko Schusterius, 18 Jahre

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Kategorien Schule Schule & Zukunft

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.