App in die Überwachung
Es ist kurz vor elf, die Party kommt langsam in Fahrt und gerade hat man sich mit seinem Smartphone in eine Ecke zurückgezogen, um einigen Freunden eine Wegbeschreibung zu verfassen, damit sie nachkommen können. Plötzlich vibriert das Gerät und auf dem Display erscheint in bedrohlichen Großbuchstaben das Wort, das in dieser Situation jeder Jugendliche fürchtet: MAMA.
Natürlich muss man nicht erst rangehen, um zu erfahren, was sie will: dass man nach Hause kommt nämlich – aber stante pede. Als erfahrener Teenager weiß man sofort, was in diesem Fall zu tun ist. Nichts. Nicht wegdrücken, aber auch nicht abnehmen. Tot stellen, bis die Gefahr vorüber ist und dann die Wegbeschreibung für die Freunde abschicken, als sei nichts geschehen. Morgen früh erzählt man einfach, es sei so laut gewesen, man habe das Telefon nicht gehört. Niemand kann einem böse sein. Alles ist wieder gut.
Mit dieser Idylle könnte es aber in naher Zukunft dauerhaft vorbei sein. Zumindest, wenn man sein Smartphone weiterhin benutzen will. Denn eine Mutter aus Texas hat nun eine App mit dem Namen Ignore no more entwickelt. Der Name ist Programm. Die App sorgt dafür, dass das Smartphone automatisch gesperrt wird, wenn Kinder die Anrufe ihrer Eltern nicht annehmen. Nur noch Nummern, die die Eltern vorher festgelegt haben und die des Notrufs sind dann freigeschaltet. Um das Telefon wieder benutzen zu können, muss man Mutti anrufen und von ihr ein Passwort erfragen.
Deaktivieren lässt sich die App kaum. Sobald man versucht, das Programm zu hacken, erhält Big Mother eine E-Mail und kann das Telefon wiederum sperren lassen.
Auch wenn die Mutter, die sich die App ausgedacht hat, von dem Erfolg überzeugt ist, weil sich ihr Sohn Bradley auf einmal – welch Wunder – viel schneller zurückmeldet, sind sich Experten einig, dass das Programm das Vertrauen zwischen Eltern und Kind stark schädigt. Zweierlei wäre nun wünschenswert: zum einen eine Studie darüber, wie sich solche Apps auf die Einstellung von Menschen gegenüber der Überwachung durch die eigenen Geheimdienste auswirkt, und zum anderen, dass sich diese App nie in Deutschland durchsetzt.
(Patrick Schmitt, 19 Jahre)