Foto: Lollapalooza Berlin

Das Lollapalooza Berlin 2015

Eine Feel-good-Veranstaltung mit großen Künstlern und kleinen Schwächen

Das amerikanische Exportfestival Lollapalooza feierte am vergangenen Wochenende sein Europadebüt – und zwar hier in Berlin. Gegen Metropolen wie Paris gewann unsere hippe und kultige Heimat vor allem wegen seiner Veranstaltungslocation, dem Tempelhofer Flughafengelände.

Neben vier Bühnen und zahlreichen Essens- und Getränkeständen hatten die Veranstalter auch für eine Kidsarea und einen kirmesähnlichen Markplatz gesorgt. Eindeutiger Beweis, dass das Lollapalooza die Zeichen der Zeit erkannt hat: Das Festivalpublikum wird älter und erwachsener. Eltern bringen ihre Kinder mit und die 50+-Generation Ohrstöpsel. Neben Musik wurde daher ein Spiel- und Entspannungsprogramm geboten. Es gab zahlreiche Sitzgelegenheiten in Form von Schaukeln, Hängematten, Holzpaletten und Stadionrängen vor den Bühnen.

Zudem wurde ein sogenannter „Grünen Kiez“ aufgebaut, eine mit Pflanzen geschmückte Area, auf der sich Umweltschützer präsentierten und Bioprodukte vorgestellt wurden. Dieser alternative Gedanke gehört fest zur Festivalphilosophie. Bereits 1991, als Perry Farrel das erste Lollapalooza in Chicago veranstaltete, wurde Wert auf Nachhaltigkeit gelegt. Beim Anblick der rollenden Plastikbecher und zertretenen Pappteller auf dem Rollfeld musste man sich dennoch fragen, inwieweit dieses Anliegen tatsächlich noch verfolgt wird. Perry Farrel entgegnete auf Gedanken wie diese schlicht, man müsse mit der Zeit gehen. Wichtig sei ihm vor allem, dass seine Gäste Spaß hätten. Für ihn zählen gute Künstler auf tollen Bühnen und motivierte Festivalbesucher.

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Vorfreude auf die Europapremiere des amerikanischen Kult-Festivals Foto: Lollapalooza Berlin

Denen wurde in der Tat einiges geboten. Das Line-up konnte sich sehen lassen. Neben Muse, Macklemore, The Libertines und Sam Smith standen auch deutsche Größen auf den Main Stages. Für Berliner Flair sorgten die Beatsteaks und Seeed, die bewiesen, dass ihre Musik auch für internationales Publikum tauglich ist. Erste Zahlen ergaben, dass rund 30 Prozent der Festivalbesucher aus dem Ausland eingeflogen waren.

Einziger Kritikpunkt: die langen Warteschlangen. Wer Durst oder Hunger hatte, musste trotz bargeldlosem Bezahlsystem bis zu einer Stunde anstehen. Endlos scheinende Menschenreihen wiesen den Weg zu den sanitären Anlagen. Doch innerhalb weniger Stunden hatten die Veranstalter nachgebessert: Mehr Toiletten wurden aufgestellt und weitere Essensstände herangeschafft. So stand man am Sonntag zwar noch ewig für Indish Curry und Erdbeerbowle an, konnte aber bereits nach zehn Minuten eine Toilette aufsuchen.

Die Stars des Festivals waren eindeutig die Künstler. Während der coole Macklemore eine halbe Stunde seines Acts mit großem Reden füllte, war Sam Smith seine Aufregung, vor einem solch großen Publikum zu singen, anzusehen. Beim Auftritt von Deichkind bekam man den Eindruck, die Herren hätte der Übermut gepackt: Die vielen bunten Requisiten, die für das Bühnenbild herangeschafft wurden, erinnerten an den Ausverkauf eines Spielwarengeschäfts.

Bleibt abzuwarten, wie bunt und wild das nächste Lollapalooza Berlin wird. Das Datum steht bereits: 10. und 11. September 2016. Perry Farrel verspricht schon jetzt ein noch besseres Line-up. Vielleicht kehrt er dann auch wieder zur Idee eines umweltschonenden und weltverbessernden Festivals zurück.


Aniko Schusterius, 19 Jahre

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Kategorien Konzerte Kultur Weggehen Zwischendurch

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.