Milliarden im Interview: „Gold wäre natürlich super“

Heute erscheint ihr Debütalbum „Betrüger“. Im Sommer fuhren sie bereits von Festival zu Festival. Dennoch beleibt die Berliner Rockband Milliarden bescheiden. Wir haben sie getroffen.

Milliarden, das sind Ben Hartmann und Johannes Aue. Noch vor zwei Jahren völlig unbekannt, sangen sie sich mit „Freiheit ist ne Hure“, dem Soundtrack zum Kinofilm „Tod den Hippies“, in die Ohren deutscher Kinobesucher. Heute erscheint ihr erstes Album „Betrüger“, vollgepackt mit deutschsprachigen Rocktracks, die entfernt an Jennifer Rostock erinnern und durch ehrliche, direkte Texte glänzen.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Zuallererst: Auf eurem Albumcover sind zwei Wachsbüsten von euch zu sehen und der Schritt einer Frau. Dazu gibt es doch sicher eine Geschichte?
Ben: Wir wollen es weniger erklären, als es auf den Außenstehenden wirken lassen. Wir wollen ja niemandem unsere Bildwelt überstülpen.

Songs wie „Milliardär“ und „Cherie“ bestechen durch ehrliche, gewitzte Lyrics. Woher kommen die Ideen zu euren Songtexten?
Ben: Natürlich sind unsere Texte überspitzt geschrieben, aber grundsätzlich durchleben wir vieles selbst. So wie die Worte fallen, sind sie keine Fiktionen. Widersprüchliches erleben wir so. Außerdem läuft die Inspiration stetig weiter, durch Bücher, Musik und Clubbesuche. Wir haben für uns festgestellt, dass sie den höchsten Punkt erlangt, wenn man mit hoher Geschwindigkeit lebt – denn dann passiert auch viel. Natürlich braucht man auch die Entschleunigung, um zu verarbeiten. Wir sind gerade in der spannenden Phase uns selbst zu entdecken.

Habt ihr einen Lieblingssong auf „Betrüger“?
Ben: Zu allen Liedern haben wir eine besondere Verbindung, schließlich haben wir sie geschrieben. Aber vor kurzem kam das Musikvideo zu „Im Bett verhungern“ raus, deshalb ist es gerade sehr präsent und ich habe den Song oft im Kopf. Darin sehnen wir uns nach einem Ort, an dem die Zeit einfach stehen bleibt. Diese Situation habe ich auch schon erlebt.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Wie kam es eigentlich zu eurem Bandnamen?
Ben: Wir haben nie bewusst einen Namen gesucht. Doch irgendwann kam der Punkt, an dem wir uns einen geben mussten. Ich bin zufällig an einem Theater vorbeigekommen, an das in roten Buchstaben das Wort Milliarden an eine Wand gesprayt worden war. Die Leute haben sich darüber alle aufgeregt, dabei ist Milliarden ein so schönes Wort. Besonders in der Kunst. Seit der Finanzkrise 2007 taucht es oft auf, in den Nachrichten oder Tweets. Und doch kann es keiner richtig verorten. Milliarden bedeutet Chaos und Aufschwung zugleich. Das passt sehr gut zu uns und unserer Musik.

Welche sind die bisher wichtigsten Stationen in eurer Bandgeschichte?
Johannes: Vor zwei Jahren kannte uns noch niemand und dann bekamen wir die Chance, Musik zu machen für den Kinofilm „Tod den Hippies“. Plötzlich rief die Redaktion von „Inas Nacht“ an und wir traten in ihrer Show auf. Das war unglaublich. Auch live bekommen wir sehr viel Zuspruch, wir waren dieses Jahr bei Rock am Ring dabei – ein einschlägiges Erlebnis für uns.
Ben: Auch der Moment, als ein Konzert außerhalb unserer Heimatstadt Berlin ausverkauft war, war besonders. Da kommen Leute nur wegen dir und nicht, weil noch eine andere Band auftritt.

Open Air auf Festivals oder in Clubs – wo spielt ihr lieber?
Ben: Ich find vor allem die Auftritte auf Festivals toll. Ich bin jedes Mal wieder überrascht, wie laut es wird. Das erreichst du in Clubs nicht.
Johannes: Es sind aber grundsätzlich unterschiedliche Spannungen. Ob du auf ein Festival kommst, wo du nichts mehr vorbereiten musst und nur noch spielst, vor einer Masse an Menschen die nicht primär wegen dir da ist, macht einen Unterschied zum Spielen in einem Club vor wesentlich weniger Leuten. Wir haben in diesem Jahr auf vielen Festivals gespielt, deshalb habe ich jetzt mehr Bock darauf in kleinen, engen Clubs zu spielen. Diese hitzige Energie ist was anderes als auf großen Festivals.

Ihr seid gerade auf Kneipentour. Was erwartet eure Fans?
Ben: Es wird keine Zaubershow geben und aus Kostengründen haben wir uns auch gegen einen Elefanten entschieden.
Johannes: Da werden wir einfach reinrauschen. Es wird einen Haufen Alkohol geben und natürlich spielen wir auch ein wenig von unserem neuen Album. Das wird ja das erste Mal sein, dass Leute unser Album kaufen und es in den Händen halten können. Die Kneipentour ist kostenlos und soll einfach ein Dankeschön sein. Wir freuen uns auf jede Menge Leute, die mit uns feiern.

Wie viel Aufwand steckt hinter euren Musikvideos?
Johannes: Das ist gar nicht so viel Arbeit. Meist sitzt man zusammen und bespricht einige Dinge und dann wird einen Tag gedreht. Bei uns ist nicht alles gescripted und wir haben bis jetzt immer mit den richtigen Leuten zusammen arbeiten können, die gemerkt haben, dass wir unseren Freiraum brauchen. Wir stecken sehr viel Energie in unsere Videos.

Wie soll es nach der Tour weitergehen?
Ben: Wir wollen eigentlich gar nicht nach Hause kommen. Am liebsten würden wir gleich mit einer anderen Band weiter touren. So viel wie möglich live zu spielen, ist uns sehr wichtig, dabei lernen wir auch noch selbst. Und wenn unsere Platte gleich Gold schafft, wäre das natürlich auch super.

Interview: Aniko Schusterius, 20 Jahre

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Interview Kultur Musik

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.