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Digitalism im Interview: „Durch die Musik drücken wir uns aus“

Nach langer Pause melden sich Digitalism mit „Mirage“ zurück. Wir trafen die entspannten Hamburger Jungs zum Interview – und entlockten ihnen ein paar Lebensweisheiten.

Euer neues Album ist mal wieder ziemlich vielseitig. Woher nehmt ihr eure Ideen?
Ismail: Die Ideen sind einfach so entstanden. Ich weiß, das hört sich blöd an. Aber das kommt einfach so.
Jence: Als wir angefangen haben, am Album zu arbeiten, wussten wir noch nicht, in welche Richtung das gehen soll. Wir hören uns nicht extra was an, sondern versuchen, aus dem Nichts etwas zu schaffen. Je weniger um uns rum ist, desto kreativer sind wir. Wir brauchen einen Entzug von allem. Zu Reisen und immer in Bewegung zu sein, ist uns auch sehr wichtig.

Seid ihr Perfektionisten?
Jence: Ja, total! Obwohl wir das diesmal ein bisschen anders gemacht haben. Wir haben unserer Kreativität freien Lauf gelassen. Nichts ist im Papierkorb gelandet, nur passten eben einige Song einfach nicht mehr auf das Album.

Worauf seid ihr besonders stolz? Und stimmt es, dass „Utopia“ euer Liebling der Platte ist?
Ismail: Das ist schwierig. Unser Lieblingstrack ändert sich wirklich von Woche zu Woche. Bei Utopia war das auch so.

Produziert ihr lieber in eurem Bunker oder stürzt ihr euch eher ins Nachtleben?
Ismail: Wir brauchen beides, das eine geht nicht ohne das andere. Würden wir nur eins davon machen, käme schnell Langeweile auf. Wir sind zwei Menschen, die sich schnell langweilen.
Jence: Es ist auch ganz wichtig, dass man auch weiß, was da Draußen passiert und auch, was das Publikum will.

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 Ihr seid in Clubs auf der ganzen Welt unterwegs. Sie die Leute überall genauso tanzbegeistert?
Jence: Früher gab es da größere Unterschiede. Der Austausch ist heute viel größer. Natürlich gibt es auch regionale Unterschiede, die sind aber mittlerweile sehr gering. Durch das Internet und das günstige Reisen ist die Euhphorie sehr global geworden.

Gibt es bei euch eine Rollenverteilung am Pult? Läuft das mit Absprache oder versteht ihr euch blind?
Ismail: Da wir uns schon so lange kennen,  geben wir uns einfach Handzeichen.
Jence: Natürlich haben sich im Laufe der Jahre bestimmte Kombinationen herauskristallisiert. Es gibt’s so eine Art Bausteine und ganz intuitiv weiß der andere dann, was sich da als nächstes gut anbieten würde. Wir sind sehr eingespielt.
Ismail: Wir haben einen Songpool und den erweitern wir. Ab und an überraschen wir uns gegenseitig aber auch mit neuen Liedern.

Was ist euer Ausgleich zu einer durchzechten Clubnacht?
Jence: Ganz ehrlich, wenn ich nicht spiele, gehe ich auch eigentlich nicht mehr weg. So jung sind wir dann auch nicht mehr. Selbst wenn mir dann langweilig ist, weiß ich eben, dass in ein paar Tagen ja eh ein Gig kommt. Wir sind sehr tagaktiv geworden.
Ismail: Spazieren gehen, kochen, fotografieren.
Jence: Ja, kochen ist super! Gerne schalte ich auch einfach mal ab. Der Ausgleich ist  super wichtig.
Ismail: Die wilden Zeiten sind vorbei. Früher gabs viele durchzechte Nächte. Aber mittlerweile sind wir zivilisierter. Ich will es eigentlich echt nicht auf’s Alter schieben, aber wenn ich trinken gehe, dauert das bei mir schon so drei Tage, bis ich wieder voll auf dem Dampfer bin und die sind mittlerweile sehr kostbar. Und die Kombination Fliegen und Trinken ist echt nicht cool.

Was würdet ihr unter keinen Umständen auflegen? Gibt es No-Gos?
Jence: Es gibt so Sachen, die würden wir nicht auflegen, eben weil sie so bescheuert sind. Schlager zum Beispiel. Das ist so grausam, das würde ich nicht in die Hand nehmen.
Ismail: Wir müssen so etwas aber auch weiterentwickeln können, das ist wichtig. Wenn wir eine Anfrage bekommen, dann müssen wir auch so ehrlich sein, und sagen, ob und dazu was einfällt oder eben nicht. Eine kleine Idee dahinter ist wichtig.

Würdet ihr eure Songs von damals noch feiern?
Jence: Na klar. Da stehen wir auch total zu.
Ismail: Weil die eben so zeitlos sind. Zum Beispiel „Idealistic“ oder „Pogo“.
Jence: Auch viel vom zweiten Album! Aber jetzt spielen wir natürlich erst mal ganz viel vom neuen Album und hoffen, dass das auch gut ankommt.

Könntet ihr euch vorstellen, das noch die nächsten zehn Jahre zu machen?
Ismail: Ja! Ich nehme mir da gerne Kraftwerk zum Vorbild. Ein Mitglied ist über 60 und spielt immer noch vor gefüllten Sälen. Also warum nicht?
Jence: Musik bis zur Rente ist voll drin. Vielleicht nicht als Dj, aber man kann ja immer noch Musik machen.

Das Interview führten Margarethe Neubauer und Julia Heyer.

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