Foto: Gerd Metzner

„Wir haben nie ein Demo-Tape eingeschickt“

Drei Jungs aus Bayern wollten erfolgreich sein. Der Plan ging auf. Wir trafen Frittenbude zum Interview

Hannes, Martin und Jakob kennen sich seit ihrer Kindheit im beschaulichen Niederbayern. Als sie sich dort nicht mehr wohl fühlten, kamen sie nach Berlin. Im nächsten Jahr feiert Frittenbude zehnjähriges Bestehen. Ihr neues Album „Küken des Orion“ gibt es schon jetzt.

Wer sind Frittenbude?
JAKOB: Wir machen irgendwas zwischen elektronischer Musik, Punk, Pop, Hip-Hop und Indie. Zwischen den Stühlen und immer wieder anders.
MARTIN: Manchmal verwenden wir den Begriff DIY-Pop, weil wir nach wie vor alles selbst machen.

Ihr übt in euren Texten gern Kritik an der Politik und Gesellschaft. Habt ihr Angst, dass dieser innere Drang irgendwann erlischt?
HANNES: Nein, ich glaube, das wird sogar schlimmer. Wenn man lange für etwas kämpft und das zu nichts führt, dann endet das oft in Verbitterung. Der muss man sich entziehen.
MARTIN: Wir sind empfindsame Menschen, und es gibt genug zu kritisieren auf der Welt.

Lest ihr Kritiken über eure Musik?
JAKOB: Ja, schon. Und manchmal nimmt man es sich auch zu Herzen. Vor Kurzem habe ich sogar mal jemanden kennengelernt, der eine Kritik über uns geschrieben hatte. Danach habe ich mich gefragt, wie ich so jemanden ernst nehmen konnte.
HANNES: Im Endeffekt sind das Leute, die dich bewerten. Kunst ist aber immer sehr persönlich, das kann und muss niemand bewerten. Viele Leute lesen sich eine Plattenkritik durch, um sich eine Meinung zu bilden. Ich finde, man sollte sich zuerst die Musik anhören.

Ihr seid viel auf Festivals unterwegs, wart schon mehrmals auf dem Hurricane und dem Southside. Was sind eure schönsten Auftrittserinnerungen?
HANNES: Es gibt wunderbare, überwältigende Momente auf riesigen Festivals. Aber genauso ist es wunderbar, vor 100 Leuten in einem kleinen Laden zu spielen, wo du am Ende des Konzerts jedem in die Augen geguckt hast. Einmal hatte ich eine richtig schlimme Grippe und bin nur für das Konzert aufgestanden. Ich habe den Leuten angeboten, dass sie mich nach dem Konzert um armen können, wenn sie in der nächsten Woche nicht zur Arbeit wollen. Es kamen wirklich total viele und wir haben uns umarmt und miteinander geredet. Das war ein richtig schöner Moment.
MARTIN: Bei kleinen Auftritten geht einem das Herz oft besonders auf. Klar sind riesige Festivalauftritte geil, aber wir haben zum Beispiel vor Kurzem hier in Berlin in dem relativ kleinen About-Blank-Garten gespielt. Das war definitiv ein Highlight des Jahres.
JAKOB: Es ist surreal, so eine Riesenshow zu spielen, weil das so weit weg von den Zuschauern ist. Kleine Gigs, da bist du direkt drin. Da weißt du, was passiert.

Wie habt ihr euer Label Audiolith gefunden?
HANNES: Wir haben einfach Bands angeschrieben, die ähnliche Musik machen, und gefragt, ob wir bei denen als Vorband spielen können. Bei einem Auftritt für Egotronic haben uns dann der Sänger und unser jetziger Booker Arthur ins Herz geschlossen und an Audiolith empfohlen. Wir haben nie ein Demo-Tape eingeschickt. Wir sollten nach Hamburg kommen und dort einen Gig spielen. Am nächsten Tag haben wir dann per Handschlag bei dem Label ge signt, den ersten Vertrag aber erst Jahre später unterschrieben.

Hättet ihr einen Plan B gehabt?
HANNES: Natürlich haben wir alle vorher gearbeitet, waren aber nicht wirklich glücklich. Eigentlich wollten wir immer nur Musik machen. MARTIN: Wir haben es schon darauf angelegt, dass es mit der Band klappt. Klar hatten wir Glück, haben uns aber auch jahrelang in kleinen Clubs die Seele aus dem Leib gespielt.

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Frittenbude – das sind Martin Steer, Johannes Rögner und Jakob Häglsperger (v. l. ). Ihre Band haben sie 2006 während einer Autofahrt gegründet. Foto: Gerd Metzner

Könntet ihr euch auch vorstellen, Songs für andere zu schreiben?
HANNES: Wir haben mal einen Remix gemacht und dachten dann: Ey, das hört sich nicht mehr an wie wir, das hört sich an wie Schlager. Dann haben wir den Beat noch mal geändert. Aber mir würde das schon Spaß machen, auch für solche Leute zu schreiben. Aber unter anderem Namen. Jacky Lambrusco oder so.
JAKOB: Unter einem anderen Namen für jemanden produzieren bringt für mich nicht so viel. Solange ich meine eigenen Sachen verwirklichen kann, muss das nicht sein.

Was wollt ihr unseren Lesern noch sagen?
HANNES: Die Leser der Jugendseite sollen mit ihren Eltern sprechen, ob es nicht im Haus oder in der Wohnung noch ein Zimmer gibt, wo man einen Flüchtig unterbringen könnte.

Interview: Friederike Deichsler, 19 Jahre

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„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.