Selbstherrlich filmen die Berlin Kidz ihr illegales S-Bahn-Surfing und stellen das Video auch noch ins Netz. Jede falsche Bewegung kann tödlich sein. Foto: BERLIN KIDZ/VIMEO

Schockierendes Video: S-Bahn-Surfer picknicken auf fahrendem Waggon

Immer wieder sterben junge Menschen beim S-Bahn-Surfing. Ein neues Video schockiert daher besonders. Im Zweifelsfall kostet es nicht nur ein hohes Bußgeld.

Ein fast zehnminütiges Video schockiert derzeit die Netz­gemeinde. Darin zu sehen sind junge Männer, die einen Klapptisch und Plastikbänke aufstellen, sich Rotwein einschenken und picknicken – auf dem Dach einer fahrenden S-Bahn. Um unerkannt zu bleiben, haben sie sich maskiert und ihre Stimmen verfremdet. Dass die Sprayergruppe Berlin Kidz dahintersteckt, ist dennoch kein Geheimnis. Denn sie selbst haben das Video veröffentlicht. Auf ihrer Facebook-Seite brüsten sie sich mit Fotos ihrer illegalen ­Graffiti- und S-Bahn-Surfing-Aktio­nen. ­Letzteres meint das lebens­gefährliche Festklammern am Dach einer fahrenden Bahn.

Die Lokführer bekämen zumeist nichts von den ungebetenen Fahrgästen auf dem Dach mit. „Zeugen solcher Vorfälle sollten umgehend die Polizei informieren, die weitere Maßnahmen ergreift“, so ein Bahnsprecher. Über den Vorfall zeigt man sich schockiert. Die Bahn mahnt, Bahnanlagen nicht als Spielplätze zu missbrauchen. Schon sogenannte Schienenselfies und das Erklimmen abgestellter Züge sind lebensgefährlich. Durch die Oberleitungen fließt etwa 65-mal mehr Strom als durch die häusliche Steckdose – schon die bloße Annäherung kann zu einem tödlichen Stromschlag führen.

Selbstherrlich filmen die Berlin Kidz ihr illegales S-Bahn-Surfing und stellen das Video auch noch ins Netz. Jede falsche Bewegung kann tödlich sein. Foto: BERLIN KIDZ/VIMEO
Selbstherrlich filmen die Berlin Kidz ihr illegales S-Bahn-Surfing und stellen das Video auch noch ins Netz. Jede falsche Bewegung kann tödlich sein. Foto: BERLIN KIDZ/VIMEO

Weil es immer wieder zu Unfällen kommt, hat die Bundespolizei bereits vor einiger Zeit reagiert und einen Film über die Gefahr von Bahnspielereien auf ihre Homepage gestellt. Darin kommt eine junge Frau zu Wort, die auf einen Waggon geklettert ist und einen schweren Stromschlag erlitten hat, ohne dass überhaupt eine direkte Berührung mit den Leitungen stattfand. Sie hatte Glück und kam mit fünf Operationen und einem siebenwöchigen Krankenhausaufenthalt davon. Der Film präsentiert schockierende Originalaufnahmen der schweren Verletzungen, deren Narben lebenslänglich bleiben werden. „Solche Vorfälle kommen in Berlin äußerst sporadisch vor, deshalb erfolgt ­keine statistische Erfassung“, so ein Sprecher der Bundespolizei. Dennoch kam es in den vergangenen Jahren zu mehreren Unfällen beim S-Bahn-Surfen: 2013 gab es einen Vorfall nahe dem S-Bahnhof Buch, bei dem sich ein 22-Jähriger schwer verletzte. Im darauffolgenden Jahr verunglückte ein 19-Jähriger tödlich, als er bei einer Tunneleinfahrt in Schöneberg vom Dach einer Bahn gerissen wurde. 2015 starb ein ebenfalls 19-Jähriger bei der Kollision mit einem Signalmast. Im selben Jahr wurde ein schwer verletzter 14-Jähriger an der Station Treptower Park auf einer S-Bahn gefunden – Fahrgäste hatten einige Stationen zuvor von einem dumpfen Geräusch auf dem Dach berichtet.

Wie die Bundespolizei gegen S-Bahn-Surfer vorgeht, wollte der Sprecher auf Nachfrage aus ermittlungstaktischen Gründen bezüglich des aktuellen Videos nicht beantworten. Klar ist: Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro rechnen. Wird der Fall als Straftat eingestuft, gibt es bis zu zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Ein Picknick im Park ist nicht nur kostengünstiger. Abgesehen vom allgemeinen Lebensrisiko dürften es alle Beteiligten auch unbeschadet überstehen.

Rabea Erradi, 27 Jahre

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Kategorien Gesellschaft Zwischendurch

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