Demonstrieren lohnt sich

-

Die Clay-Oberschule befindet sich seit 23 Jahren in einem provisorischen Schulgebäude. Jetzt protestieren die Schüler gegen diese Lernbedingungen.

 

An Demos ist man in Berlin eigentlich gewöhnt. Doch die rund 1 200 Schüler, die am Mittwoch im strömenden Regen lautstark von der Friedrichstraße zur Senatsverwaltung für Finanzen in der Klosterstraße zogen, waren selbst in der Stadtmitte ein ungewöhnlicher Anblick. Die Jugendlichen von der Clay-Oberschule in Rudow veranstalteten einen „besonderen Wandertag“, wie Vize-Direktor Lothar Semmel es nennt. Sie demon­strierten für ein neues Schulgebäude, von dem sie wissen, dass sie selbst nie dort Unterricht haben werden. Es soll – wenn überhaupt – frühestens 2019 fertig werden.  Wenn es um das Bauvorhaben geht, spricht Semmel von Murphy´s Law: „Bisher ist alles schief gegangen, was irgendwie schief gehen konnte.“

Die Geschichte der Clay-Schule ist lang und vertrackt. Die Schüler mussten schon 1989 aus dem ursprünglichen Schulgebäude ausziehen, da es asbestverseucht war. Zwischenzeitlich waren die Klassen auf neun andere Neuköllner Schulen aufgeteilt, die gerade freie Räume hatten. 1990 wurde als Ersatz ein großer Containerbau errichtet. Er war für eine Nutzungsdauer von fünf Jahren ausgelegt, bis dahin sollte ein neues Gebäude an einem anderen Standort fertig sein.

Nach der Wiedervereinigung wurde das Geld, das dafür eingeplant war, aber zunächst für andere Bildungsprojekte gebraucht. Die Schüler werden heute immer noch in den Containern unterrichtet. Inzwischen tropft es durch das Dach, die Fenster sind undicht, da die Mensa zugleich Aula ist, essen die Schüler auf dem Flur, wenn Veranstaltungen stattfinden. 2008 bewilligte Berlin 29 Millionen Euro für einen Neubau. Eine Bürgerbewegung, der Wechsel des Baugeländes und der Fund der Baracke eines ehemaligen Zwangsarbeiterlagers auf dem neuen Gelände verzögerten das Vorhaben. Das Landesdenkmalschutzamt legte fest, dass die Baracke zwar abgerissen werden dürfe, allerdings nur unter der Auflage, dass erst archäologische Grabungen stattfinden und eine Abrissdokumentation erstellt wird. Das soll etwa sechs Wochen dauern und rund 400 000 Euro kosten. Im neuen Schulgebäude ist ein Raum geplant, in dem mögliche Fundstücke ausgestellt werden und über die Geschichte des Standortes informiert werden soll.

Aufgrund der archäologischen Untersuchung und dem allgemeinen Anstieg der Baukosten seit 2008 wird der Neubau nun aber deutlich teurer als geplant, 29,9 Millionen Euro soll er kosten.Das liegt auch daran, dass im früheren Plan keine Sporthalle enthalten war, die die Schule aber braucht. Auch in dem Containerbau gibt es momentan keinen Ort für den Sportunterricht. Bislang werden die Schüler regelmäßig mit einem „Sportbus“ zum alten Standort in der Lipschitzallee gefahren, pro Jahr kostet das 60 000 Euro.

Die Demonstration am Dienstag war eine von mehreren Aktionen der Schule: Anfang der Woche fand außerdem eine Informationsveranstaltung an der Schule statt. Ursprünglich war sie als Podiumsdiskussion geplant, zu der auch Vertreter der zuständigen Landesbehörden eingeladen waren. Sie sagten jedoch ab. Offenbar hat sich der Protest aber gelohnt: Der Senat soll nun angeboten haben, 37 Millionen zu übernehmen, heißt es an der Schule. Den Rest solle der Bezirk Neukölln zahlen, da der Bau teurer sei als andere ähnliche Schulneubauten, etwa das Leonardo-da-Vinci-Gymnasium. Der Bezirk wendet ein, dass das Gymnasium anders als die Clay-Schule keine Ganztagsschule sei und deshalb weniger Räume benötige. Zudem zahle der Bezirk schon den Abriss der Baracke und die Kosten für die Bibliothek, die in der Schule untergebracht ist. Über die fehlenden 2,9 Millionen Euro wolle man daher noch verhandeln.

 

Hier geht es zur Fotostrecke, in der die Demo in Bildern festgehalten wurde.

 

Josephine Valeske, 17 Jahre

 

 

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Mitmischen

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.