Sind wir nicht alle ein bisschen hip?

Von wegen reine Männersache – Bärte tragen Hipster, die etwas auf sich halten, genauso geschlechtsunabhängig wie Jutebeutel oder ihre Klamotten. Foto: DPA/ Paul Zinken
Von wegen reine Männersache – Bärte tragen Hipster, die etwas auf sich halten,
genauso geschlechtsunabhängig wie Jutebeutel oder ihre Klamotten. Foto: DPA/ Paul Zinken
Zum Abschluss unserer Fotoserie „Berliner Originale“: Für Jugendreporterin Aniko hatte ihr Text über Hipster ein Nachspiel

(Aniko Schusterius, 18 Jahre)

Schulfeste werden mit Plakaten beworben, Hochzeitspaare verschicken Einladungen, Freunde rufen schnell mal an, aber Hipster laden ihre Gäste über Twitter ein.
Nachdem ich in unserer gerade abgeschlossenen Fotoserie den Hipster als Berliner Original porträtiert hatte, meldeten sich die Veranstalter des Hipster-Cups auf unserer Spreewild-Twitter-Seite. Das Bild vom Matetee schlürfenden Nerdbrillen-Träger sei doch ein Klischee, sagten sie. Um das zu beweisen, luden sie mich zum Hipster-Cup in die Malzfabrik ein. Der Cup setzt sich aus mehreren Events zusammen. Da gab es den Markt, auf dem Start-up-Unternehmen Accessoires wie Jutebeutel und T-Shirts anboten. Vormittags fanden daneben Wettkämpfe in Disziplinen wie iPhone-Weitwurf, Röhrenjeans-Ausziehen und Jutebeutel-Sackhüpfen statt. 


Hipster treten in Rudeln auf, das habe ich oft beobachtet. Um nicht aus der Masse hervorzustechen, kleidete ich mich in Röhrenjeans und Holzfällerhemd, was bei den sommerlich heißen Temperaturen eine echte Herausforderung war.


Das Publikum war bunt gemischt. Vom „klassischen“ Hipster bis zu neugierigen Schaulustigen war alles vertreten. Wer kein Hipster-Outfit im Schrank hatte, konnte sich gegen eine kleine Spende künstlerisch in Szene setzen lassen. Dazu gehörten auch Neonfarben im Gesicht, Glitzer auf dem Rücken und Perlen am Hals. Kaum einer der Festivalbesucher entging dem Pinsel der Make-up-Artist-Group Dr. Bling & the Glitzersistas. Aus rein journalistischem Interesse begab ich mich in die Hände einer der Künstlerinnen und war sehr zufrieden mit dem Ergebnis.


Ein DJ-Team sorgte für die Beschallung der Gäste. Ich lernte, dass Hipster sich nicht vor Bühnen drängen und tanzen, sondern lieber entspannt am Boden sitzen und mit dem Kopf wippen. Ein Powerpoint-Karaoke erinnerte an die Nerd-Wurzeln der Hipster-Bewegung. Teilnehmer zogen blind ein Thema und mussten mit einer ihnen fremden Präsentation das Publikum beeindrucken.


Unterstützt wurde der Hipster-Cup vom 1. Berliner Bart-Club. Umjubelt präsentierten sich die Herren mit teils exotischer Gesichtsbehaarung und warben um Nachwuchs. Ob ihnen klar war, dass die wenigsten ernsthaftes Interesse hatten, bleibt unbeantwortet. Fest steht aber: Ich muss zugeben, dass der Hipster ungleich vielfältiger ist, als ich zunächst annahm. Und das Schönste war: Die Leute auf dem Hipster-Cup – auch die, die wussten, dass sie auch im Alltag als Hipster durchgehen würden – nahmen sich nicht zu ernst und hatten Spaß daran, das eigene Klischee zu zelebrieren. Es gibt nicht „den“ Hipster. Mit dieser Erkenntnis setze ich mich jetzt mit einer Mate­brause in den Park und lese Reclamheftchen.
Von wegen reine Männersache – Bärte tragen Hipster, die etwas auf sich halten, genauso geschlechtsunabhängig wie Jutebeutel oder ihre Klamotten.

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.