Vorsätzliche Verbesserungen


Die Finger von Jugendreporterin Josephine sieht man nur noch selten auf den Klaviertasten. Stattdessen lauscht sie nun öfter dem Spiel ihrer Klavierschüler, die „Alle meine Entchen“ zu einem fünfstündigen Solostück variieren. Foto: Fotolia/ Smileus


Meditation mit Musik: Wenn ich ans Klavierspielen denke, bekomme ich ein schlechtes Gewissen. Denn seit ich keinen Unterricht mehr nehme, übe ich, vorsichtig ausgedrückt, selten. Dabei habe ich die Klavierstunden wirklich genossen. Das lag allerdings an meiner lustigen Klavierlehrerin. Ihr Unterricht bestand nicht nur aus Geklimper, auch Meditation gehörte dazu. Meine Lehrerin sah sich nach dem Besuch vieler Yogakurse und mehreren Indienreisen in spirituellen Sphären und wollte den Weg dorthin unbedingt auch ihren Schülern weisen. Ich sollte die Energie der Erde durch meinen Körper fließen lassen und dann zusammenbinden, mit dreifachem Knoten über meinem Kopf. Die Meditation kann nicht mehr als zehn Minuten jeder Unterrichtsstunde in Anspruch genommen haben, schließlich kann ich heute trotzdem einigermaßen Klavier spielen, und irgendwann muss ich es ja schließlich gelernt haben. Aber in meiner Erinnerung sitze ich stundenlang vor dem alten Klavier und knote.

Vor einiger Zeit begann ich selbst, Klavierunterricht zu geben. Das ist einerseits gut fürs Portemonnaie und andererseits ein Anlass, selbst wieder mehr zu üben – dachte ich zumindest. Doch jeden Mittwochabend, nachdem ich fünf Stunden lang musikalische Höchstleistungen wie „Alle meine Entchen“ über mich habe ergehen lassen, will ich nur noch den Deckel des Instruments zuknallen und „Billy Talent“ in voller Lautstärke aufdrehen. Ans Selberspielen ist dann nicht mehr zu denken. Irgendwann werde ich mich aber doch überwinden müssen – zumindest so bald, dass ich nicht selbst wieder bei „Alle meine Entchen“ anfangen muss und meine Schüler mich überflügeln.


Josephine Valeske (16 Jahre)

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