„Vielleicht seid ihr einsamer als wir damals“

 

Little Britain-Star David Walliams sagt ein paar Worte zur heutigen Jugend. Und zu seinem neuen Buch

 

David Walliams hat gerade sein zweites Buch „Mr. Stink“ im Aufbau Verlag veröffentlicht. Foto: Engel/ Aufbau Verlag                     

 

 

David, wir kennen dich aus Little Britain und lieben den bösen Humor, mit dem du dort die Schwächen der Gesellschaft parodierst. Auch in deinen Büchern für Jugendliche geht es um soziale Probleme. Dürfen wir den gleichen krassen Humor erwarten?

 

Little Britain war eigentlich für Erwachsene gedacht, aber auch Kinder und Jugendliche mochten diese Ebene des schlechten Geschmacks, auf die wir uns begaben. In meinen Büchern, die nun explizit für junge Leute geschrieben sind, gehe ich nicht ganz so weit, aber sie sind immer noch voll von grobem Humor.


Du trägst also zur Verwahrlosung der Jugend bei.

 

Die Leser sollen sich ein bisschen fühlen, als ob sie etwas Verbotenes tun, denn das macht Spaß. Und ist durchaus legitim, man denke nur an die Kinderbücher von Roald Dahl, in denen zum Beispiel ein Junge versucht, seine Großmutter umzubringen. Und das sind Klassiker!

 

Die Figuren in deinen Büchern sind beide isolierte Einzelgänger. Interessieren dich solche Charaktere, weil du früher selbst einer warst?

 

Ich glaube, dass sich die meisten Kinder wie Außenseiter fühlen – ob sie nun unsportlich sind, verständnislose Eltern oder gemeine Mitschüler haben. Ich habe als Jugendlicher sehr viel Zeit allein auf meinem Zimmer verbracht, wo ich mir endlos Comedy- Platten angehört und mir selbst vor dem Spiegel Witze erzählt habe. Ich gehörte nie zu den Gewinnern, war nicht sportlich und ein bisschen zu exzentrisch. Ich wollte meine eigene Sache machen.

 

Genau das machen die Figuren in deinen Büchern, denn sie sind ja trotz allem sehr mutig. Dennis aus „Kicker im Kleid“ zieht sich Frauenkleider an, und Chloe freundet sich in „Mr. Stink“ mit einem stinkenden Penner an.

 

Genau, die beiden versuchen, ihren Instinkten zu folgen, statt sich dem Mainstream anzupassen. Trotzdem sind sie keine archetypischen Helden, sondern einfach feinfühlige Menschen, die etwas ändern wollen.


Sind solche Charaktere in unserer Gesellschaft Ausnahmen?

 

Man kann da schlecht verallgemeinern. Gerade haben in Großbritannien viele Jugendliche im großen Stil randaliert – die sind aber nicht repräsentativ für die gesamte Jugend. Wer wie Chloe und Dennis heute etwas anders machen will als alle anderen, hat es sehr schwer. Von Jugendlichen wird oft erwartet, dass sie vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind und sein wollen. Aber ich glaube, dass gerade die, die nicht so recht in die Gesellschaft passen, am Ende ganz vorne stehen.

 

Ist jung sein heute schwerer als früher?

 

Durch die Entwicklung der Technologie können junge Leute heute viele Stunden am Computer verbringen. Vielleicht sind sie dadurch noch einsamer als wir damals. Gleichzeitig sind sie durch das Internet auch mit brutalen Wahrheiten konfrontiert. Gerade erst habe ich ein Video aus Lybien gesehen, in dem Menschen in einen Stall getrieben und erschossen wurden. Solche Bilder hätte ich als Kind kaum verkraftet. Aber man kann Kinder kaum davor schützen, auf solche Videos zu stoßen.

 

Ach, wo sind die guten alten Zeiten?

 

Ich weiß, ältere Menschen meinen, dass die Welt immer schlechter wird. Dabei wird vieles besser. Für Jungs etwa, die sich wie Dennis für ihre weibliche Seite interessieren, gibt es jetzt von der Gesellschaft akzeptierte Vorbilder. Das war vor 20 Jahren noch ganz anders. Dafür durften wir uns damals noch mit Pornomagazinen im Busch verstecken – wenn ich heute im Internetzeitalter Jugendlicher wäre, würde ich mein Zimmer wahrscheinlich nie mehr verlassen.

 

Möchtest du mit dieser Feststellung aus dem Interview gehen?

 

Nein. Ich will euch sagen, dass es wunderbar ist, kreativ zu sein. Ob ihr malen, schreiben, schauspielern oder was auch immer wollt – fangt damit an, solange ihr noch jung seid. Später steckt ihr in euren Jobs fest und habt kaum noch Zeit. Jetzt ist für euch die richtige Zeit, genau die richtige.

 

 

Interview: Yvonne Vávra

 

 

David Walliams

„Gestatten, Mr. Stink“

304 Seiten

Aufbau Verlag

14,99 €

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Gesellschaft Zwischendurch

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.