Beziehung
Immer mehr junge Menschen sind auf der Suche nach neuen Formen von Beziehungen.

Warum das Wort Beziehung manchmal einfach nicht passt

Freunde wollen oft hören, was das denn nun zwischen uns ist. Kann man nicht einfach mal in Ruhe was am laufen haben?

Von einer Autorin, die lieber anonym bleiben möchte *

Seit fast vier Monaten hab ich „was am Laufen“. Ich kenne seine Freunde und Mitbewohner, wir gehen zusammen feiern, essen, zu Konzerten oder Comedy-Veranstaltungen. Die Sonntage verbringen wir faul im Bett und er packt mir den Rest vom Abendessen für die Arbeit ein. Wir haben nicht da­rüber gesprochen, ob wir was mit anderen haben. Ich wäre nicht sauer, wenn er es täte. Aber ich habe irgendwie kein Bedürfnis danach.

Warum das dann keine Beziehung ist? Vermutlich, weil wir beide uns die größtmögliche Freiheit bewahren wollen. Keine Rechte, keine Pflichten und vor allem keine hohen Erwartungen. Die führen nur zu Stress, schränken ein und töten dann langsam aber sicher die Lust. Wir lachen laut über Paare, die sich im Club anschreien, und schütteln den Kopf über Langweiler, die nur Pärchen-Sachen machen.

Unterschwellig signalisieren wir uns, dass wir nicht zusammen sind. Wir verabschieden uns mit einem Kuss auf den Mund, aber begrüßen uns mit Umarmung und/oder Kuss auf die Wange. Und wir halten nur Händchen, wenn wir betrunken sind.

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In irgendeiner Form haben wir natürlich eine Beziehung. Den Wunsch nach einer anderen Form von Beziehung haben immer mehr Menschen. Wir leben bekanntlich in der Zeit der Unverbindlichkeit. Das bedeutet für mich nicht, dass ich den Menschen, mit dem ich schlafe, wegen jeder Kleinigkeit austauschen kann. Sondern dass ich nicht versuche, ihn in eine Richtung zu drängen oder zu verändern, weil ich ja nicht vorhabe, langfristig mit ihm zu leben. Beziehungsverweigerer bewahren so ihre Individualität und schätzen kleine Zuwendungen mehr, statt sie als selbstverständlich hinzunehmen. Oder enttäuscht zu reagieren, wenn sie ausbleiben.

Warum wollen alle, dass ich dem ein Label aufdrücke?

Vielleicht ist es aber auch deshalb eine Nicht-Beziehung, weil uns die Verliebtheit nicht wie ein Schlag getroffen hat. Die Schmetterlinge und großen Sehnsuchtsgefühle blieben aus. Ein bis zweimal die Woche sehen reicht mir. Obwohl es zurzeit verdächtig viel wird.

Jetzt gerade, zu diesem Zeitpunkt, ist er „der Richtige“ für mich. Würden wir zusammen ziehen und all das, wären wir allerdings nicht kompatibel. Deshalb will ich nicht, dass sich irgendetwas zwischen uns verändert. Ich spreche das Thema „uns“ nicht an, weil ich diesen Zustand einfach einfrieren will.

Ist dieser Wunsch in solchen Fällen nicht berechtigt? Warum wollen alle anderen, dass ich dem ein Label aufdrücke? Kann man nicht einfach mal in Ruhe was am Laufen haben? Von mir aus kann es auch noch ein Jahr so weiter gehen. Da rechnet jeder damit, dass man zusammenkommt oder sich jemand anderen sucht. Klar, werden wir vertrauter. Aber muss es deshalb unbedingt Beziehung heißen?

* Name ist der Redaktion bekannt

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