Freundschaft
Wenn eine Freundschaft mal gut getan hat, sollte man dafür kämpfen, sich nach Streits zu versöhnen.
Die Erfahrung lehrt

Warum man sich mit Menschen, die einem mal wichtig waren, versöhnen sollte

Maleen und Mia waren super eng befreundet. Zu eng. Es krachte. Maleen verließ die WG. Jahrelang hatten die jungen Frauen keinen Kontakt. Und bereuen es heute.

Von Maleen Harten

Vor einigen Wochen habe ich mich mit Mia auf einen Kaffee in Kiel getroffen, unserer Heimatstadt, in der wir mal vor Jahren zusammen in einer Vierer-Mädchen-WG gewohnt hatten. Wer uns hier im Café sitzen sah, dachte vermutlich, dass wir zwei ganz normale Freundinnen seien, die friedlich ihren Cappuccino schlürfen und sich über das Leben unterhalten. Doch für uns war dieses Treffen außerordentlich besonders. Es war das erste Wiedersehen nach acht langen Jahren.

Bevor ich damals endlich ausgezogen war, hatten wir uns beide ziemlich fertiggemacht: Fronten mit den zwei anderen Mitbewohnerinnen gebildet, uns gegenseitig schlimmste Anschuldigungen an den Kopf geworfen oder waren zwischendurch nur stumm aneinander vorbeigegangen. Aus kleinsten Unstimmigkeiten wurden plötzlich riesige Konflikte.

Manchmal ging ich heimlich in ihr Zimmer

Dabei hatte ich Mia, als ich sie bei meinem Einzug kennenlernte, sehr gemocht, ihre ruhige, besonnene Art, ihren trockenen Humor. Die ersten Monate hatten wir Mädchen so viel zusammen gelacht. Wie viele Mal hatten wir in der Küche gestanden, miteinander gekocht, später stundenlang abgewaschen und dabei pausenlos geredet, vor allem ich. Wie ein Wasserfall hatte ich Mia die Geschichten meines Lebens erzählt. Immer, wenn ich sie sah, sprudelte es aus mir heraus. Ich wollte, dass sie alles von mir erfährt, alles von mir weiß.

Ich fand ihre blonden Locken so schön, die sich wie ein Kranz um ihren Kopf legten. Manchmal ging ich heimlich in ihr Zimmer, wo ich dann nichts tat, als nur dazustehen und all das Weiß, das Saubere, das Ordentliche zu bestaunen. Doch genau solche Aktionen wurden mir – natürlich, wie ich heute denke – immer zu meinem Nachteil ausgelegt. „Du warst in meinem Zimmer?“, fragte sie in kühlem Ton. Außerdem hatte ich mal ungefragt eine Banane von ihr genommen und – das bereue ich noch immer – in regelmäßigen Abständen von ihren noch geschlossenen Apfelschorle-Flaschen getrunken. Immer nur einen kleinen Schluck. Ich war mir sicher, dass sie das doch unmöglich bemerken würde. Doch sie tat es und fing an mit mir zu kämpfen. Sie nannte mich unzuverlässig und rücksichtslos, ich fand sie zickig und neurotisch.

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Ich sah Mia jahrelang nicht wieder

Schlussendlich muss ich sagen, dass unsere Erwartungen aneinander einfach zu hoch waren. Wir waren beide so jung und fühlten alles so intensiv. Absolut nah wollten wir einander sein, ganz eng miteinander leben. Wir hofften, dass die andere uns sieht, uns in unserem innersten Kern versteht. Und wir waren dann so enttäuscht, dass das alles so schwierig ist. Letzten Endes packte ich meine Sachen und ging. Der Auszug war eine komische, kühle Angelegenheit aber schließlich für uns alle das Beste.

Ich sah Mia jahrelang nicht wieder. Bis mir vor einigen Monaten auffiel, wie oft ich – merkwürdigerweise – noch immer an sie denke, wie gerne ich sie wiedersehen und Frieden schließen würde. Kurz nachdem mir dies bewusst wurde, fuhr ich nach Kiel und traf sie, welch Zufall, dort auf der Straße wieder. Ich rannte regelrecht in sie hinein, hätte ihr gar nicht mehr ausweichen können. Doch sie freute sich. Um genau zu sein, strahlte ihr ganzes Gesicht, als sie mich sah.

Diese Vertrautheit, trotz allem

Wir verabredeten uns und saßen dann also in diesem Café, jeder einen Cappuccino mit Hafermilch in der Hand, und redeten über die vergangenen Jahre. Natürlich sprachen wir auch über die WG. Wir entschuldigten uns beide noch einmal, ganz förmlich. Damit war das Thema vom Tisch und wir konnten über die Zukunft sprechen. Denn viel wichtiger war dieses Gefühl zwischen uns – ihr Wohlwollen mir gegenüber, das Lachen miteinander und diese Vertrautheit, trotz allem. Es rührte und erstaunte mich. Besser hätte es gar nicht ausgehen können.

Die Erfahrung lehrt: Versöhnen lohnt sich immer. Auch wenn die andere Person noch nicht dazu bereit sein sollte, macht einfach den Anfang. Es ist so ein gutes Gefühl Frieden zu schließen, anstatt Schutt und Asche zu hinterlassen.

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