Alter Egos

Nina, 17 Jahre, aus Pankow möchte wissen: „Könntest du dir heute vorstellen, noch einmal aus dem Land, in dem du lebst, fliehen zu müssen, und wenn ja, aus welchen Gründen?“ 



 

Frau Haube antwortet:

 

Schwierig, schwierig. Diese Frage wird mich bestimmt noch Wochen beschäftigen.
Bei meinen Sportkameraden wird das „Flüchtlingsthema“ derzeit heiß diskutiert. Einige wohnen in der Nähe des Hellersdorfer Flüchtlingsheimes und beschäftigen sich in dieser Hinsicht mit ganz anderen Fragen.

Meine große Tochter, die gerade ein Baby bekommen hat, hat vergangenes Wochenende gemeinsam mit einer Freundin einen Flohmarkt zugunsten syrischer Flüchtlingskinder veranstaltet. Die Resonanz war mittelprächtig, aber 200 Euro für Trödelzeug sind ja auch nicht wenig und besser als gar nichts. 
Ich kenne eine Menge Leute, die damals aus der DDR geflüchtet sind. Die Gründe waren nicht Hunger, Tod und Krieg, sondern Unfreiheit, Überwachung und das Verbot, seine Meinung zu sagen.

Immer wieder versuchten Freunde, mich zu motivieren, mit rüber zu gehen, weil dort alles schöner sei. Ich konnte mir aber nicht vorstellen, alles stehen und liegen zu lassen und irgendwo hinzugehen, auch wenn es dort womöglich schöner ist. Ich hatte keine Verwandten und Bekannten im Westen, daher hätte ich nicht gewusst, was mich erwartet. Da ich nicht in der Opposition war, ging es nicht um mein Leben.
Wenn es aber um Leib und Leben geht wie bei den syrischen Flüchtlingen heute, dann bleibt einem ja kaum mehr etwas anderes übrig, als die Heimat zu verlassen.

 

Deine Frau Haube



 

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