Warum gehen Mädchen immer zu zweit auf die Toilette?

Die Schlange vor der Damentoilette ist lang. Warum? Bild: Lisa Brueckner

Jerôme, 17 Jahre fragt:


„Wenn ich in größeren Gruppen ausgehe, beobachte ich häufig, wie sich zwei Mädchen irgendwann im Laufe des Treffens gemeinsam auf die Toilette zurückziehen, dort relativ lange bleiben und nach einer Weile auch gemeinsam wieder zurückkehren. Ich frage mich dann immer: Was für wichtige Dinge werden da auf den WCs besprochen? Manchmal frage ich mich, ob Angela Merkel und Hilary Clinton sich beim Staatsbesuch auf die Toilette im Weißen Haus zurückziehen und dort die eigentlich wichtigen Themen der Weltpolitik diskutieren. Ist es so, dass die wirklich wichtigen Dinge auf der Welt auf den Damentoiletten besprochen werden?


Michelle, 21 Jahre antwortet:


Lieber Jerôme,


es wundert mich, dass Du sofort davon ausgehst, dass wir Mädchen, wenn wir zu zweit auf die Toilette gehen, etwas Wichtiges zu besprechen haben. Wir reden nicht immer über Gott und die Welt, aber auf den Toiletten dieser Welt wird in der Tat vieles besprochen.


Ich kann es leider nicht abstreiten, irgendwann verziehen sich Mädchen immer zu zweit auf die Toilette. Um dem Phänomen auf den Grund zu gehen, muss man hier Ursachenforschung betreiben.


Folgendes Szenario: Jemand hat Geburtstag und feiert ganz groß, sagen wir, in irgendeinem Restaurant. Es kommen vierzehn, fünfzehn Leute, darunter auch einige Mädchen. Viele kennen sich bereits, aber einige unbekannte Gesichter sind auch dabei. Unbekannte Gesichter erzeugen Aufmerksamkeit und damit auch das Phänomen des Zu-zweit-auf-die-Toilette-Gehens.


Wie es dazu kommt? Der Abend verläuft zunächst ganz toll. Die beiden Freundinnen A und B kommen etwas spät, weil sie sich lange fertig machen mussten, und gesellen sich gleich zu ihren Schatzis. A und B gehören nämlich nicht zum direkten Freundeskreis, sondern laufen unter der Kategorie „Die Freundin von…“. A und B stoßen hinzu, als die Runde schon in ein Gespräch vertieft ist und bereits einige sogenannte Insiderwitze erzählt wurden. Da ist es doch logisch, dass sich A und B nicht gut in die Gesprächsrunde integrieren können, aber sie geben sich auch keine rechte Mühe. Sie sitzen zusammen, zwischen ihren Freunden und quatschen miteinander oder sitzen nur schweigend da und sind wie gelähmt. Nach etwa einer Stunde und dem ersten Getränk tritt dann das Toiletten-Phänomen auf: Die Freundinnen A und B gehen zusammen auf die Toilette. Zuvor entspinnt sich folgender Dialog:


A: „Ich muss mich mal frisch machen!“

B: „Warte, ich muss auch mal. Ich komm mit.“


Nun kann es drei Gründe geben, warum beide gemeinsam auf die Toilette gehen:

1) Der Weg zur Toilette ist fürchterlich lang. A und B waren noch nie in diesem Restaurant und keine von beiden kennt den Weg. Damit nicht eine von ihnen auf den geschätzten fünf Metern verloren geht, gehen sie sicherheitshalber zusammen. Dann bringt man zu zweit zur Not den Mut auf, den Kellner zu fragen, oder verirrt sich zumindest nicht allein. Zu zweit schaffen sie es auf jeden Fall.

2) Es gibt da dieses Mädchen C. Sie hat den Freund von B schon siebenmal angeguckt (in Wirklichkeit war es nur einmal und auch nur, weil der Freund von B lacht wie ein Wiesel) und nun müssen A und B über das Mädchen C diskutieren. Erstmal wird abgecheckt. „Was will die von meinem Freund.“, „Was denkt sie eigentlich, wer sie ist?“, „Ihre Bluse hat sie garantiert beim Discounter gekauft!“ Was sich wie lästern anhört, ist natürlich kein Lästern. Es werden lediglich Tatsachen ausgesprochen, aber alles mit einem dramatischen Unterton. Freundin B wird dann etwas hysterisch und Freundin A pflichtet ihr brav bei. Abschließend werden sie beschließen, dass Mädchen C voll doof ist. So in etwa kann sich das abspielen.

3) Es kann aber auch sein, dass sich beide Freundinnen durch ihre jahrelange Freundschaft aneinander angepasst haben. Wenn es der Zufall will und man es glauben mag, dann müssen sich beide gleichzeitig erleichtern und gehen auch deshalb zusammen auf die Toilette. Und während die eine auf der Toilette sitzt, steht die andere hinter der verschlossenen Toilettentür und redet auf die Freundin, die sich gerade erleichtert, ein. Das Ganze folgt dann noch mal umgekehrt, abschließend ein Check vor dem Spiegel: „Darf ich deinen Lipgloss benutzen?“, „Möchtest du auch etwas Handcreme?“, „Ich sehe total dick aus“, „Ich sehe voll fertig aus.“ Wenn die lebenswichtigen Informationen ausgetauscht wurden, gehen die Freundinnen A und B wieder zurück zu den Feiernden.


Manchmal treten auch alle drei Fälle an einem Abend auf und A und B treten mehrmals geschlossen den Gang zur Toilette an.


Kurzum: Frauen gehen gerne zusammen auf die Toilette, weil sie sehr soziale Wesen sind. Auf der Toilette können wir kurze Lagebesprechungen abhalten und uns kurz austauschen, ohne dass alle anderen etwas mitbekommen. Was genau besprochen wird, das bleibt natürlich unter uns.


Ich glaube übrigens nicht, dass Angela Merkel und Hilary Clinton auf der Toilette über Weltpolitik plauschen. Im Gegenteil – es handelt sich sicherlich eher um leichten Gesprächsstoff. Ein bisschen Smalltalk, ganz einfache Sache: Das Essen ist lecker, die Atmosphäre ist so toll, Angela, du hast ja einen tollen Anzug an und so weiter. Die beiden sind ja nicht befreundet, da fällt die kritische Lagebesprechung eher flach. Höchstens wird kurz festgestellt, dass die gepunktete Krawatte von Hilarys Chef Barack ein modisches No Go ist.


Mach Dir bitte keine Sorgen. Auf Toiletten wird nichts besprochen, was Dich betrifft.

Ich hoffe, ich konnte Dir helfen.


Deine Michelle

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Kategorien Gefühle

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