Der Leistungsdruck hat unserer Autorin den Spaß am Musizieren genommen

Spreewild-Autorin Rosina wollte unbeschwert musizieren. Doch das ging in der Musikschule nicht. Sie sollte besser und besser werden, ein Vorspiel jagte das nächste. Das Ganze nahm absurde Auswüchse an.

Von Rosina Link, 15 Jahre

Mit knapp sieben Jahren wollte ich ganz unbedingt in die Musikschule. Ich blieb nicht lange.

Wer ein Musikinstrument spielt, fördere damit sein Gehirn, heißt es. Kein Wunder also, dass es unzählige Kurse bereits für Babys und Kleinkinder gibt, für die sich Interessierte auf die Warteliste schreiben lassen müssen. Wer will sich schon nachsagen lassen, sich nicht für eine frühestmögliche Förderung seines Nachwuchses einzusetzen?

Viele Eltern wollen ein Kind großziehen, das Musik liebt. Viele Eltern wollen, dass ihr Kind immer besser wird, Erfolge feiert und die Musikschule – aber auch sie selbst – stolz macht. Dabei gerät nicht selten völlig aus den Augen, dass nicht jedes Kind musisch talentiert ist.

„Damals dachte ich, ich hätte etwas gefunden, das mich glücklich machen würde.“

Ich war anfangs mit Leib und Seele dabei. Der regelmäßige Unterricht war gar nicht so langweilig wie vermutet, das trockene Üben zu Hause hat mich tatsächlich besser werden lassen. Und das erste Vorspiel war aufregend. Ich erinnere mich gerne zurück an den Moment, an dem ich alle Blicke auf mir zu spüren glaubte, mich das Adrenalin fast zum Platzen brachte und ich dann doch irgendwie spielen konnte, ohne auf meinen Wackelpuddingbeinen umzukippen. Damals dachte ich, dass ich tatsächlich etwas gefunden hätte, das mich lange glücklich machen würde.

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Doch so war es nicht. Ein Vorspiel jagte plötzlich das nächste. Ich wurde müde von den Melodien, die ich jeden Tag in meinem Zimmer wiederholen und wiederholen musste. Der Unterricht wurde zum lästigen Termin der Woche, der mir mehr Stress als Entspannung schenkte. Die Begeisterung verblasste stetig.

In der Musikschule sollen Profimusiker geschafft werden. Daher finden Unmengen an Vorspielen im Jahr statt, die im Grunde nur von Großeltern besucht werden, die große Kunst erwarten und von Eltern, die nach der Arbeit lieber auf der Couch sitzen würden als auf dem unbequemen Stuhl im trist eingerichteten Musikschulraum. Das Programm wird gerne auf über zwei Stunden ausgedehnt, was nicht selten dazu führt, dass plötzlich jemand anfängt zu schnarchen. Genossen wird die musikalische – sofern davon die Rede sein kann – Darbietung der anderen nur selten von denen, die nervös die Minuten zählen bis zu ihrem eigenen Auftritt. Die kahle Blume, die man danach in die Hand gedrückt bekommt als kleines Dankeschön, ist bis zu Hause bereits fast verwelkt.

Der Druck hat mir den Spaß genommen.

Heute frage ich mich, warum das so laufen musste. Warum darf ein Hobby nicht einfach ein Hobby sein? Warum der Leistungsdruck nach dem Schulunterricht? Warum Musikschulzeugnisse? Ich hätte gerne unbeschwert, erwartungslos musiziert. Doch niemand wollte nach meiner Pfeife tanzen.

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