Aron wollte mehr und immer mehr abnehmen. In „Luft nach unten“ schreibt der 22-Jährige über seine Sucht und eine Gesellschaft, die nicht darauf eingestellt ist, dass auch ein Junge an Magersucht erkranken kann.
Aron ist Slam Poet, Autor, Moderator und Wahl-Berliner. Donnerstag erscheint das erste Buch des 22-Jährigen. In „Luft nach unten“ schreibt er über seine Magersucht. Ein Gespräch über Selbstwahrnehmung, Tiefpunkte und die Gesellschaft.
Fiel dir der Entschluss, über deine Magersucht zu schreiben, leicht?
Als ich erkrankt bin, habe ich bereits geschrieben und publiziert. Daher lag das eigentlich nahe. Trotzdem war mit der Gedanke, diese Geschichte publik zu machen, anfangs unrecht. Dennoch wusste ich, dass sie interessant ist. Sie beschreibt eine Krankheit, über die ein großer Teil der Gesellschaft kaum etwas weiß. Genau deswegen habe ich auch kein Tagebuch oder Ratgeber geschrieben, sondern eine Geschichte, die von einem Protagonis-ten in der Krankheit erzählt, seiner verschobenen Sicht auf sein Umfeld. Dieser Protagonist ist austauschbar. Das war mir wichtig.
Bei Magersucht denken viele an junge Mädchen. Welche Reaktionen hast du geerntet?
Essstörungen suchen sich ihre Betroffenen nicht nach Geschlecht aus. Aber es stimmt schon, dass Magersucht als typisch weiblich gilt. Bei Jungen tendiert – und ich verallgemeinere hier auf keinen Fall – die Gesellschaft eher dazu, sich andere Gründe für den körperlichen Zerfall auszumalen.
Wann war klar, dass du krank bist?
Als ich meine Wertvorstellung von gut und schlecht auf ein sinkendes Gewicht bezogen habe, und das täglich. Das Gemeine ist die verzerrte Körperwahrnehmung. Auch wenn man sichtlich abbaut, das Gewicht sinken sieht, ist das gestörte Ich ja nicht irgendwann zufrieden, sondern pflanzt in den Betroffenen den Gedanken „Komm, da geht noch was“. Genau das macht diese Störung, so glaube ich, zur Sucht.
Was war der schlimmste Moment?
Als ich nicht merkte, dass ich eigentlich zu schwach war, zur U-Bahn zu gehen. Da war ich verzweifelt und vor allem – das war das Schlimmste – ideenlos.
Hast du während deiner Erkrankung Tagebuch geführt?
Nein. Für das Buch habe ich dann mit meinen Erinnerungen gearbeitet. Zunächst wollte ich eigentlich eine Kurzgeschichte schreiben, habe aber schnell gemerkt, dass ich doch einen erzählenden Text schreiben werde, der Einblick in die Gedankenwelt eines Süchtigen gewährt. Ich habe Betroffene interviewt und viel Fachliteratur gelesen.
Wie geht es für dich weiter?
Ich trinke jetzt erst mal Kaffee und rauche zehn Kippen zum Frühstück. (lacht) Spaß. Das Leben geht weiter. Man hat diese Phase durchlebt, die Genesung ebenso. Ehemalige müssen aber stärker auf sich Acht geben. Die Keime eines derartigen Problems, wurde mir gesagt, werden nie vollends aus Betroffenen herausgespült, daher sollte man genau drauf achten, dass sie nicht zu Unkraut wachsen.
Am 31. August stellt Aron Boks sein Buch im DTK Wasserturm vor.