Lollapalooza: Schon die Bahn-Fahrt gehört zum Festival

Eigentlich weiß man in Berlin nicht, wer gerade wohin unterwegs ist. Als sich Laura vergangenes Jahr, auf dem Weg zum Lollapalooza, in der Bahn umschaute und jeder ein Tetra Pak in den Händen hielt, musste sie dann doch Schmunzeln.

Sommer. Mit einer Freundin bin ich auf dem Weg zum Lollapalooza auf dem Tempelhofer Feld. Es ist richtig heiß und neben unseren Beuteln hat jede von uns ein Tetrapack mit einem Saft-Prosecco-Gemisch dabei. In den FAQs des Festivals stand, das Mitbringen von Getränken sei verboten, eine Ausnahme stellen bis zu 1,5 Liter Flüssigkeit in einem Tetrapack dar. Ein bisschen komisch fühlen wir uns damit schon. Schwer sind sie auch. Und heiß ist es.

Wir stehen am S-Bahnhof Greifswalder Straße und während wir auf die S8 warten, mustern wir die Leute um uns herum. Sehen die anderen so aus, als würden sie auch zum Festival fahren? Was sagen die Sonnenbrillen, bauchfreien Tops und die Turnbeutelrucksäcke über das Ziel der Gruppe neben uns aus? Eigentlich nichts.

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Ich denke darüber nach, dass das spannende an Städten wie Berlin ist, dass man niemandem ansieht, wohin er unterwegs ist oder was er vor hat, denn alles wäre hier theoretisch möglich. In der brandenburgischen Provinz da ist das anders. Wenn du da um kurz vor Acht morgens im Bus sitzt, dann ist ganz klar, die Oma vorne links steigt beim Netto zum Einkaufen aus, die drei Jungs mit den Tornistern, die Nintendo spielen, bei der Grundschule und die zwei Mädels mit Kopfhörern in der letzten Reihe fahren zur Oberschule. Hier kannst du um acht Uhr morgens theoretisch von einer Party kommen, oder auf dem Weg in die Bretagne sein oder verabredet mit der Kanzlerin. Oder du suchst in der Bahn einfach nur einen Ort zum Schlafen.

Die S8 fährt ein und wir einigen uns darauf, dass wir nicht sicher sein können, ob die Leute neben uns tatsächlich auch zum Lollapalooza wollen. Am Treptower Park müssen wir umsteigen. Das ist gut so, denn unsere Tetrapacks haben sich durch die Kohlensäure gefährlich aufgebläht und sehen aus, als würden sie jeden Moment unter ohrenbetäubendem Zischen zerplatzen und mindestens zwei Leute sehr nass machen.

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Ganz am Ende der Plattform stellen wir unsere Getränke auf den Boden und öffnen die Deckel mit einer Armlänge Abstand, zusammengekniffenen Augen und den schlimmsten Erwartungen. Es passiert nichts weiter und wir müssen lachen.

Dann steigen wir in den Ring. Natürlich ist der gerammelt voll. Wir quetschen uns durch bis zur gegenüberliegenden Tür. Da kann man sich anlehnen. Die Fenster sind angekippt und Berliner Luft strömt rein, als der Zug anfährt. Während ich sofort in die klassische Bahnfahrtrance verfalle und aus dem Fenster stiere, schiebt mit meine Freundin den Ellenbogen in die Seite und deutet mit dem Kopf auf die Leute um uns herum. Jeder, wirklich jeder in der Bahn hat ein Tetrapack in den Händen, auf dem Schoß oder zwischen die Knie geklemmt. Plötzlich freue ich mich noch mehr als vorher auf das Festival, denn dieses Detail schafft für mich ein ungeahntes Zusammengehörigkeitsgefühl. Ganz untypisch für Berlin, aber richtig schön!

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