Selbstversuch: Eine Woche Handy-Entzug

Kein WhatsApp, kein Snapchat, kein Candy Crush. Fünf Tage lang. Geht das überhaupt? Unsere Autorin wagt den Selbstversuch.

Ich bin mir seit geraumer Zeit ziemlich sicher, dass ich abhängig von meinem Handy bin. Das Wetter beispielsweise checke ich schon lange nicht mehr mit einem Blick aus dem Fenster, sondern per Wetter-App. Einen Alltag ohne Smartphone kann ich mir nicht vorstellen. Da­rum habe den Selbstversuch gewagt – und bin ohne Handy in den Urlaub gefahren. Meine letzte Amtshandlung: meinen WhatsApp-Status aktua­lisieren – „Für eine Woche kein Handy, ich erwarte eure Briefe! Sonnen­smiley.“

Bereits die vierstündige Zugfahrt entpuppt sich als Herausforderung. Mir gegenüber sitzt ein Mädchen mit Kopfhörern und neben mir ein Mann, der Candy Crush spielt. Ich starre aus dem Fenster, beobachte Wald und Wiesen und ab und zu eine Kuhherde. Es dauert nicht lange und mein Körper verlangt mittels allgemeinen Unruhegefühls nach Musik oder wenigstens einem stumpfsinnigen Handyspiel.

Geistig erschöpft erreiche ich das kleine Dorf am Achterwasser auf Usedom. Der erste Morgen läuft genauso ab wie alle weiteren danach: aufwachen, aus dem Fenster starren, es öffnen und dann entscheiden, wie warm ich mich anziehen muss.

Was in der Welt so los ist, erfahre ich nur durch die Lokalzeitung. Ich komme mir uninformiert vor. Es fühlt sich so an, als wäre ich von der Welt abgeschottet. Dadurch, dass ich nicht alle zehn Minuten mein Handy entsperre, verliere ich jegliches Zeitgefühl. Auch weiß ich nicht, wie es meinen Freunden geht.

Die ersten Tage sind beklemmend. Doch dann gelingt es mir, mich abzulenken. Ich lese ein Buch, gehe surfen und joggen – ohne Schrittzähler! Nach einigen Tagen ist es gar nicht mehr wichtig, was in der Welt so passiert. Ganz plötzlich ist es, als würde der Druck abfallen und ich könne mich tatsächlich nur auf den Urlaub konzentrieren. Ich muss nicht mein Essen fotografieren und bei Instagram hochladen. Ich muss nicht den Sonnenuntergang in meiner Snapchat-Story präsentieren. Ich muss nicht bei WhatsApp allen umgehend antworten. Ich muss nicht mal wissen, wie spät es ist. Ich muss einfach gar nichts.

Wieder in Berlin bin ich nach einigen Tagen in die alten Strukturen des Alltags inklusive Handyabhängigkeit zurückgefallen. Dennoch werde ich mein Smartphone auch in zukünftigen Urlauben zu Hause lassen.

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In der Jugendredaktion bin ich seit Dezember 2015, weil es für mich am spannendsten ist, die Welt aus möglich vielen Perspektiven zu betrachten und dann in Worte zu fassen.