Ben Marc will die amerikanische Märchenlandschaft entwaffnen. Foto: Privat

Aber Großmutter, was hast du nur für einen Schuss?

Ben Marc will die amerikanische Märchenlandschaft entwaffnen.

Es waren einmal Märchen, erdacht und aufgeschrieben, das Volk zu unterhalten. In ihrem Kern verbarg sich stets Moral und zu guter Letzt siegte die Gerechtigkeit. Jahrhundertelang hielt dieses Prinzip sich tapfer.

Doch dann kam der US-amerikanische Waffenverband NRA und ihm voran Amelia Hamilton. Die konservative Bloggerin und Kinderbuchautorin hat sich zum Ziel gesetzt, traditionelle Volksmärchen umzudichten, indem sie deren Figuren mit Gewehren bewaffnet. Im Januar veröffentlichte sie ihre eigene Version von „Rotkäppchen“, in welcher der böse Wolf mithilfe einer Schrotflinte in die Flucht geschlagen wird, bevor er die Großmutter und ihre Enkelin verschlingen kann. Mitte vergangenen Monats präsentierte Hamilton dann eine überarbeitete Fassung von „Hänsel und Gretel“, in der die beiden eigenhändig für ihre hungernde Familie jagen, statt im Wald ausgesetzt zu werden. Hamilton behauptet, vorsorgliche Waffennutzung könne den Figuren helfen, grausame Handlungssituationen aus den Originalwerken zu verhindern. Weiterhin verteidigt sie ihre kontroversen Adaptionen damit, Kindern Sicherheit durch Bewaffnung vermitteln zu wollen.

Tatsächlich stellen Schusswaffen jedoch eine gewaltige Gefährdung dar. Täglich verunglücken etwa fünfzig Minderjährige in den USA zum Teil tödlich durch Pistolen und Gewehre. Noch dazu schießen amerikanische Kinder jedes Jahr ungefähr 300 Personen unbeabsichtigt mit herumliegenden Waffen an. Insgesamt sterben in den Vereinigten Staaten jährlich circa 30 000 Menschen durch Schießereien. Amerikas Waffenlobby zeigt sich von diesen Zahlen keinesfalls beeindruckt, sondern veröffentlicht auf ihrer Internetseite stolz Fotos von Kindern und Babys, die mit Gewehren posieren, und präsentiert Hamiltons „Gute-Schlacht-Geschichten“. Und wenn sie nicht erschossen sind, dann schießen sie noch heute.

Von Ben Marc, 20 Jahre

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Kategorien Gesellschaft Zwischendurch

Ende 2013 wurde ich Mitglied der Jugendredaktion. In der Zwischenzeit hat sich mein Leben ganz schön verändert. Doch noch immer denke ich gern um die Ecke und habe oft unkonventionelle Vorstellungen. Die Tätigkeit bei der Zeitung hilft mir, diese anderen verständlich zu machen und selbst zu hinterfragen. Dabei verirre ich mich manchmal im Detail, gelange letztendlich jedoch weiter heraus als ich zuvor gewesen war.