Ein Seminarraum in der Holzlaube der Freien Universität. Die Tür springt auf, doch anstatt einer Gruppe von Studenten wuseln 30 wissbegierige Sechstklässler herein. Anlässlich der diesjährigen SchülerUni besuchen sie den Workshop „Mein kleiner Weltacker“, der ihnen nachhaltige Landwirtschaft und einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ackerböden näherbringen will. Workshopleiter Daniel Diehl von der Organisation Slow Food präpariert seinen Laptop, rückt Gläser mit Erdklumpen zurecht. Die sterile Atmosphäre des Seminarraumes ist für ihn ein ungewohnter Arbeitsplatz. Normalerweise finden seine Projekte für Berliner Schulklassen nämlich im Freien statt: auf den Äckern im Berliner und Brandenburger Umland.
Der heutige Workshop startet mit einem kurzen Animationsfilm. Bald verebbt auch das Schnattern in den hinteren Reihen und alle schauen gebannt auf die Leinwand. Kaum zu glauben, was so ein Acker alles leisten muss: Die morgendlichen Frühstücksflakes, Biodiesel für die Familienkutsche und auch die neue Hose stammen teilweise aus seiner fruchtbaren Erde. 2000 Quadratmeter Ackerfläche hätte jeder Mensch für seine Versorgung zur Verfügung, wenn es auf der Welt gerecht zuginge – eine Fläche, die allein zwei Mastschweine in ihrem kurzen Leben vertilgen. Aber wie können wir unsere Ressourcen nachhaltiger nutzen? „Eines Tages werden wir andere Planeten besiedeln und dort neue Rohstoffe finden“, prophezeit ein Junge. Daniel Diehl schmunzelt. „Wir können tatsächlich schon sofort etwas verändern. Glaubt ihr das?“ Eine Traube von Kindern flitzt zum grünen Papierstreifen, der ihre Zustimmung symbolisiert. Das heißt dann wohl „ja“.
Also los! Es geht nach draußen auf den Campusrasen und ab in den Matsch. Begeistert entnehmen die Schüler Bodenproben, staunen über die unterschiedlichen Farbnuancen und Konsistenzen. Mit Seilen messen sie die Fläche aus, die benötigt wird, um ihr Mittagessen anzubauen. Dass der Sattmacher Kartoffeln viel weniger Ackerland verschlingt, als ein Schnitzel, leuchtet schnell ein. In der folgenden Pause packen dann alle ihre Brote aus. Auf jedem zweiten ist Schinken oder Wurst. „Ich sage nicht, dass ihr alle Vegetarier werden sollt. Aber jeden Tag Fleisch, das muss nicht sein“, rät Daniel Diehl. Stolz erzählen die Schüler, wie sie zu Hause auf eine umweltfreundliche Ernährung achten: „Aus Obst mit braunen Stellen macht meine Mama oft Smoothies – die sind super lecker!“
Nun stehen Experimente auf dem Programm. Die selbst entnommene Campuserde eignet sich hervorragend als Wasserfilter, spannend ist auch, die wirbellosen Erdbewohner in der Würmerkiste zu entdecken. Berührungsängste haben die Kinder keine und daher bald überall sommersprossige Sprenkel in sämtlichen Brauntönen. So macht Wissenschaft Spaß. Zum Schluss dürfen alle ihre Erkenntnisse kreativ präsentieren. Als „Junior-Marketingexperten“ werben die Schüler für den Schutz der Ackerböden. Eifrig malen sie Plakate, eine Gruppe skandiert ihren Werbeslogan „Boden für die Welt! Boden ist viel wichtiger als Geld!“ und schlägt dazu im Takt auf eine Metallbox. Daniel Diehls Botschaft ist offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen.
Margarethe Neubauer, 21 Jahre