Schülerinnen und Schüler gehen auf Tuchfühlung mit den wirbellosen Bewohnern des Erdbodens. Foto: Raufeld/Margarethe Neubauer

Schüler werden „bodenständig“ – Besuch des Ackerprojektes der Schüleruni

Ein Seminarraum in der Holzlaube der Freien Universität. Die Tür springt auf, doch anstatt einer Gruppe von Studenten wuseln 30 wissbegierige Sechstklässler herein. Anlässlich der diesjährigen SchülerUni besuchen sie den Workshop „Mein kleiner Weltacker“, der ihnen nachhaltige Landwirtschaft und einen verantwortungsvollen Umgang mit unseren Ackerböden näherbringen will. Workshopleiter Daniel Diehl von der Organisation Slow Food präpariert seinen Laptop, rückt Gläser mit Erdklumpen zurecht. Die sterile Atmosphäre des Seminarraumes ist für ihn ein ungewohnter Arbeitsplatz. Normalerweise finden seine Projekte für Berliner Schulklassen nämlich im Freien statt: auf den Äckern im Berliner und Brandenburger Umland.

Der heutige Workshop startet mit einem kurzen Animationsfilm. Bald verebbt auch das Schnattern in den hinteren Reihen und alle schauen gebannt auf die Leinwand. Kaum zu glauben, was so ein Acker alles leisten muss: Die morgendlichen Frühstücksflakes, Biodiesel für die Familienkutsche und auch die neue Hose stammen teilweise aus seiner fruchtbaren Erde. 2000 Quadratmeter Ackerfläche hätte jeder Mensch für seine Versorgung zur Verfügung, wenn es auf der Welt gerecht zuginge – eine Fläche, die allein zwei Mastschweine in ihrem kurzen Leben vertilgen. Aber wie können wir unsere Ressourcen nachhaltiger nutzen? „Eines Tages werden wir andere Planeten besiedeln und dort neue Rohstoffe finden“, prophezeit ein Junge. Daniel Diehl schmunzelt. „Wir können tatsächlich schon sofort etwas verändern. Glaubt ihr das?“ Eine Traube von Kindern flitzt zum grünen Papierstreifen, der ihre Zustimmung symbolisiert. Das heißt dann wohl „ja“.

Wie viel Bodenfläche benötigt eigentlich mein Mittagessen? Die Sechstklässler messen es aus. Foto: Raufeld/Margarethe Neubauer
Wie viel Bodenfläche benötigt eigentlich mein Mittagessen? Die Sechstklässler messen es aus. Foto: Raufeld/Margarethe Neubauer

Also los! Es geht nach draußen auf den Campusrasen und ab in den Matsch. Begeistert entnehmen die Schüler Bodenproben, staunen über die unterschiedlichen Farbnuancen und Konsistenzen. Mit Seilen messen sie die Fläche aus, die benötigt wird, um ihr Mittagessen anzubauen. Dass der Sattmacher Kartoffeln viel weniger Ackerland verschlingt, als ein Schnitzel, leuchtet schnell ein. In der folgenden Pause packen dann alle ihre Brote aus. Auf jedem zweiten ist Schinken oder Wurst. „Ich sage nicht, dass ihr alle Vegetarier werden sollt. Aber jeden Tag Fleisch, das muss nicht sein“, rät Daniel Diehl. Stolz erzählen die Schüler, wie sie zu Hause auf eine umweltfreundliche Ernährung achten: „Aus Obst mit braunen Stellen macht meine Mama oft Smoothies – die sind super lecker!“

Nun stehen Experimente auf dem Programm. Die selbst entnommene Campuserde eignet sich hervorragend als Wasserfilter, spannend ist auch, die wirbellosen Erdbewohner in der Würmerkiste zu entdecken. Berührungsängste haben die Kinder keine und daher bald überall sommersprossige Sprenkel in sämtlichen Brauntönen. So macht Wissenschaft Spaß. Zum Schluss dürfen alle ihre Erkenntnisse kreativ präsentieren. Als „Junior-Marketingexperten“ werben die Schüler für den Schutz der Ackerböden. Eifrig malen sie Plakate, eine Gruppe skandiert ihren Werbeslogan „Boden für die Welt! Boden ist viel wichtiger als Geld!“ und schlägt dazu im Takt auf eine Metallbox. Daniel Diehls Botschaft ist offenbar auf fruchtbaren Boden gefallen.

Margarethe Neubauer, 21 Jahre

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Schreiben ist meine Neurose. Ich mache das wirklich nicht freiwillig. An pathologischer Schreibwut leide ich etwa seit meinem neunten Lebensjahr. Heute bin ich 24. Sie äußert sich in der übermäßigen Produktion von Texten, dabei reagiere ich sensibel auf gute Geschichten. Schreiben ist mein Plüsch–Airbag gegen Schleudertraumata im täglichen Gedankenkarussell, Weckglas für klebrig-süße Memoirenmarmelade und die doppelte Aspirin am Morgen nach einem exzessiven Empfindungsrausch. Ich habe eine Schwäche für Präpositionen mit Genitiv, Schachtelsätze und Ironie. In die Redaktion komme ich nur, weil es da umsonst Tee gibt.