Vierzig Tage lang fastet unsere Redakteurin mit Jugendlichen aus ganz Deutschland für ein besseres Klima
Fastenzeit ist Jammerzeit. So manches Buttercroissant weckt derzeit mehr Sehnsucht als der entfernte Liebste. Ein triftigerer Grund zum Jammern scheint mir jedoch, was in einem Stückchen Butter steckt: Auf 250 Gramm kommen fast sechs Kilo Schadstoffemissionen. Guten Appetit, Planet Erde! Für diese und andere unterschätzte Klimakiller sensibilisiert die Organisation BUNDjugend aktuell mit einer Fastenchallenge. Wer mitmacht, entscheidet sich dafür, sechs Wochen lang einen klimaschädlichen Aspekt aus seinem Alltag zu verbannen und somit seine CO2-Bilanz zu verbessern. Dabei hat jedoch nicht das kompromisslose Durchhalten Priorität, sondern die Reflexion des eigenen Konsums. „Die Aktion stärkt auf jeden Fall das Bewusstsein für unsere Verantwortung der Umwelt gegenüber. Viele ändern danach längerfristig ihre Konsumgewohnheiten“, sagt Jenny Blekker von BUNDjugend.
Strampeln statt Stadtverkehr, konsequentes Secondhand-Shopping oder der Verzicht auf palmölhaltige Produkte – die Palette der Fastenmöglichkeiten ist bunt. „Manche stecken sich niedrigschwellige Ziele. Der Verzicht auf Plastiktüten oder Fleischund Wurstwaren ist für einige schon eine riesige Herausforderung“, erzählt mir Jenny Blekker. Ganz tollkühne Klima-Asketen versuchen, überhaupt keinen Müll zu produzieren. „Zero Waste“ nennt sich diese extreme Form des Klimafastens und birgt diverse Hürden: Wo bekomme ich bloß Zahnpasta ohne Tube her? Oder Joghurt ohne Becher?
Fast 70 Jugendliche haben sich deutschlandweit für das Projekt angemeldet und berichten nun in einem Blog über ihre Erfahrungen. Und auch ich werde im Selbstversuch für 40 Tage meinen geliebten Eierkuchen und Käsesalaten Lebewohl sagen und ernähre mich frei von Tierprodukten. Und ohne Plastikverpackungen jedweder Art. Dass das gar nicht so leicht ist, wird mir vor dem Kühlregal klar. Denn der Teufel steckt nicht im Seitan, sondern im Verpackungsdetail: Joghurt im Glas gibt es zwar, die vegane Alternative jedoch nur im praktischen Plastikmantel, pseudoökologisch getarnt in einer Hülle aus Pappe. Mist. Noch eine Schwierigkeit tut sich auf: Für die Klimagesundheit blutet der Geldbeutel. Wer statt Reibekäse Mandelmus auf die Lasagne schmiert, wird sicher nicht daneben kleckern.
Dass Tofu und Tempeh keine japanischen Kampfkunstarten sind, muss ich nicht nur meiner Oma erklären. „Vegan? Aber dann bist du ja mangelernährt“, wird Spitzenreiter im Nörgelbingo. Es gilt also nicht bloß den eigenen nach Vollmilchschokolade lechzenden Schweinehund, sondern auch hartnäckige Vorurteile in der Familie zu bekämpfen. Denn während Vegetarier mittlerweile gut in unsere Esskultur integriert sind, werden Veganer oft wie schwer erziehbare Kinder behandelt.
Ob Kuchen aus Süßkartoffeln schmeckt, selbst gemachtes Shampoo diesen Namen verdient und wie sich meine Realität durch die erbsengrüne Klimabrille verändert, könnt ihr in den kommenden Wochen auf spreewild.de lesen – in meinem Klimafasten-Tagebuch.