„Vor jeder Idee steht eine Pizza“

Wer viel weiß, kann viel erzählen. Foto: Thinkstock/Arcurs

Wie ein paar Nerds ihr Publikum aus dem Häuschen holten

Jörgs Leidenschaft ist das Baden. Und während er dieser einst frönte, hat sich der junge Professor für Medienproduktion gefragt: „Wie schaffen es die digitalen Medien eigentlich, immer wieder ein Gefühl der revolutionären Neuheit herzustellen?“ In der Badewanne liegend hat er eine Theorie dazu entwickelt, die der selbst ernannte Nerd nun dem Publikum näherbringen will. Es ist nämlich Nerd Nite im Michelberger Hotel in Friedrichshain. Bei dieser stellen jeweils drei Referenten regelmäßig ihre nerdigen Leidenschaften vor, die von der Geometrie islamischer Muster bis zur Lichterarchitektur einer Stadt bei Nacht reichen.

An diesem Donnerstagabend ist die Bar auf der Warschauer Straße bis auf den letzten Platz belegt. Das junge Publikum ist gut gelaunt und löchert die Referenten mit teils ernsthaft interessierten, teils amüsierten Fragen. Neben dem Badewannenphilosophen lernt es auch die Bekleidungstechnikerin Laila kennen, die einen Vortrag über „Schummelgrößen oder den Buchstabensalat im Kleiderschrank“ hält.

Der dritte Nerd in der Runde ist Michael, ein Freizeitwissenschaftler aus Hamburg. Er lehrt die Zuhörer: Am Anfang einer Idee steht immer die Auswahl der richtigen Pizza. Sein Team „Part-Time-Scientists“ und er waren erst einmal gemeinsam Pizza essen, bevor sie anfingen, ihren Mondrover zu planen und zu entwickeln. Mit dem Gefährt wollen sie 2013 auf dem Mond landen und schließlich den mit 30 Millionen US-Dollar dotierten Google Lunar X Prize gewinnen.

Den Nerdstempel hätten sie von ihren Freunden und Bekannten aufgedrückt bekommen. Es habe nämlich ein finanzielles Problem bei der Beschaffung des Chips für die Kamera gegeben, das das Team auf spezielle Weise gelöst habe. Bei einem Unternehmen ihrer Wahl hätten die Wissenschaftler 20 Chips für je 3 000 Dollar kaufen müssen. Sie brauchten aber nur einen. „Der Weltraum-Nerd von heute”, sagt Michael, „kauft seine Kamera in so einem Fall bei Ebay für 30 Euro, schraubt sie auseinander, hebt die Schrauben auf – denn man weiß ja nie, wofür man sie noch gebrauchen kann – und hat den Chip.” Das kommt beim Publikum gut an.

Am Ende des außergewöhnlichen Abends haben alle vor allem eines gelernt: Das Leben von Nerds ist außerordentlich spannend. Und haben wir nicht alle irgendeine Leidenschaft – ein Thema, über das wir so gut Bescheid wissen, dass es uns peinlich ist, dies zuzugeben? Die Nerd Nite zeigt, dass es der guten Unterhaltung willen Zeit wäre, die Masken fallen zu lassen.

Die Berliner Nerds im Internet:

www.berlin.nerdnite.com

von Elisabeth Lüdeking, 21 Jahre

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