Künstlerischer Geschmacksverstärker

Ein Mann in zwei Fernsehern – Teil der Installation „FischGrätenMelkStand“ Foto: dpa/Robert Schlesinger

Genug herumgelungert? Wir haben einen einwöchigen Kultur-pur-Urlaub für euch zusammengestellt

Nachdem die ersten Ferienwochen für Feiern, Schlafen und Fern-sehen ausgebucht waren, werden sich die einen oder anderen Damen und Herren der Berliner Jugend nun fragen, was sonst noch los ist in der Stadt. Bildungsrepublik wollen wir sein, also auf, Kultur genießen! Wir haben einige Filets des aktuellen Angebots zu einem einwöchigen Kultur-pur-Urlaub zusammengetragen. Für jeden sollte etwas dabei sein, und am Wochenende wird geruht.

In einem stillen Winkel der Hauptstadt befindet sich die Berlinische Galerie. Der Titel der aktuellen Marianne Breslauer-Ausstellung ist ungewöhnlich: „Unbeachtete Momente – Photographien 1927–1936“. Tatsächlich fanden wohl wenige Teile der deutschen Geschichte mehr Beachtung als die Jahre um die Machtergreifung der Nazis. Und doch, der Titel ist wohl gewählt. Keine dunkle Bedrohung, die Aufnahmen der Nazizeit und der Vorjahre zumeist ausstrahlen, geht von den Bildern aus. Stille Nachdenklichkeit herrscht vor. Absolut sehenswert.

Begeben wir uns nun in die Temporäre Kunsthalle. Sie beherbergt derzeit die Installation „FischGrätenMelkStand“, konstruiert von mehr als 60 Künstlern um John Bock. Das dreistöckige Konstrukt aus diversen Räumen scheint eine Mixtur aus „Fear and Loathing in Las Vegas“, manischem Basteltrieb und einer Revolte gegen Ikea zu sein. Die skurrilsten Materialien – Radios, Reifen, verbrannte Pizzen – rufen eine schwer fassbare Verstörung beim Betrachter hervor. Keineswegs unangenehm, definitiv interessant und bei freiem Eintritt beste Grundlage zur Diskussion über den Sinn von Kunst

Für die Ohren muss auch etwas her, doch die Opernhäuser und Orchester sind in der Sommerpause. Der ideale Zeitpunkt für das Young Euro Classic Festival, das am Freitag beginnt. Bereits seit 2000 präsentieren sich jedes Jahr die besten Jugend-orchester aus aller Welt. Für jeden Geschmack und Anspruch findet sich etwas im Programm, sei es Beethovens „5. Sinfonie“, Strawinskis „Sacre du Printemps“ oder auch die Tanzrhapsodie „Köçekçe“ des türkischen Komponisten Ulvi Cemal Erkin.

Der Gedanke, Geld für Kultur auszugeben und später dafür etwas in der Hand und nicht nur im Kopf zu haben, führt unweigerlich zum Flohmarkt am Boxhagener Platz. Der Trödelmarkt hat viel zu bieten, auch etwas für Ohren, Nase und vor allem Augen. Besucher vertrödeln jeden Sonntag hier ihre Zeit und ihr Geld für Bücher, Ethno-Schmuck, antiquarisches Mobiliar oder auch selbstgestrickte Socken. Dabei ist die Ware so bunt wie das Treiben.

Kultur lässt sich aber auch locker und gesellig angehen. Wer die interkulturelle Begegnungsstätte Café Tasso in Friedrichshain betritt, sollte sich vorher gut umschauen. Denn um in „das andere Antiquariat“ mit kulturell wertvoller Dekoration zu gelangen, muss man sich zunächst im Hürdenlauf über Blumenkübel oder Slalom zwischen alten Sesseln beweisen. Auf den Regalen schmiegt sich Kurt Tucholsky an einen Weltatlas, dazwischen ein Mickey Mouse-Comic. Hier sollte auch jeder auf seine Kosten kommen, der niemanden mitgebracht hat, mit dem er sich die Zeit verquatschen kann.

Wer dabei kein Ende findet, darf die verbleibenden zwei Tage ausschlafen – und mit frischem Kulturinteresse eine ganz eigene Planung der Restferien vornehmen.

Alle Infos zu unseren Vorschlägen findet ihr unter www.berlinischegalerie.de, www.kunsthalle-berlin.com, www.young-euro-classic.de, www.boxhagenerplatz.de, www.cafe-tasso.de

von Mareike Dottschadis, 19 Jahre, und Peter Holan, 18 Jahre

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