Beyond the Wall – Neue Kunst an der West Side Gallery

Gemauerte Grenzen gibt es überall auf der Welt. Jetzt soll eine in Amerika gebaut werden. Wir haben diesen Teil der Geschichte zum Glück hinter uns. Aber wissen wir heute noch, was es damals hieß, mit einer Mauer zu leben? Und wie schrecklich es für viele Menschen war? Daran erinnert uns die neue Ausstellung von Stefan Roloff.

Auch 28 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer existieren Mauern noch überall auf der Welt und sind Bauwerke der Abgrenzung. Man erinnert sich zwar an die Geschichte, lernt jedoch nicht immer aus ihr. Um an die Zeiten von menschlicher Abgrenzung in Berlin zu erinnern, eröffnete der Künstler Stefan Roloff an der West Side Gallery, die der Spree zugewandten Seite der East Side Gallery, seine Installation BEYOND THE WALL, um nicht einfach nur zu erinnern, sondern auch teilhaben zu lassen.

Der Deutschamerikaner Stefan Roloff filmte 1984 das Grenzregime der DDR an der Berliner Mauer, um zu zeigen, wie surreal es ist, dass Menschen im Todesstreifen einer als normal empfundenen Arbeit nachgingen. 2007 begann er damit, Videoporträts von ehemaligen DDR-Bürgern zu erstellen, die entweder verfolgt wurden oder dem Widerstand dienten.

Der letzte Schliff vor der Eröffnung
Stefan Roloff, Adrienne Goehler, Klaus Lederer (v.l.)

 

 

 

 

 

 

 

In seiner Ausstellung BEYOND THE WALL vereint er nun die Filmaufnahmen mit den Videoporträts der Zeitzeugen. Vom 13. August bis zum 9. November erstreckt sich seine Videokunst in Bildern auf 229 Metern an der West Side Gallery. In den Silhouetten der Zeitzeugen befinden sich aussagekräftige Zitate aus den Interviews, die auch ohne den Bezug zur Geschichte der Betroffenen zum Nachdenken anregen. Zwischen den aufbereiteten Bildern der Grenzposten finden sich Ausschnitte der Interviews, die den Zitaten innerhalb der Silhouetten Bedeutung verleihen. In den kommenden drei Monaten zeigt die Installation auf dem längsten erhaltenen Teilabschnitt der Berliner Mauer, wie die Teilung das Leben der Menschen vor und nach dem Mauerfall prägte.

Silhouette Mario Röllig

Teil der Ausstellung ist auch Mario Röllig. In Ost-Berlin aufgewachsen verliebte er sich als junger Mann in einen Mann aus Westdeutschland. In der DDR verlangt man von ihm über seine Freunde, seine Familie und ebendiesen Mann zu berichten. Als er sich weigerte, verlor er seinen Job und musst in einen viel schlechter bezahlten Job wechseln. Er stand von da an immer unter Beobachtung, wurde fotografiert und verfolgt. Als er von seiner bevorstehenden Verhaftung erfuhr, versuchte Mario Röllig zu fliehen. Über Ungarn wollte er  zu seinen Freunden und seiner großen Liebe in den Westen. 100 Meter vor der Grenze wird er gefasst und verhaftet. Nach demütigenden, brutalen Leibesvisitationen und weiteren Misshandlungen, wie stundenlanges Stammsitzen auf Hockern und völliger Isolation und dem verbüßen seiner Haftstrafe, schaffte Mario es endlich nach West Berlin. Jahre nach dem Mauerfall begegnet er seinem schlimmsten Albtraum: Seinem Vernehmer von der Stasi. Die Geschichten von Mario Röllig und allen anderen Portraitierten sind ehrlich, emotional und gehen einem unglaublich nah.

Stefan Roloff hat mit seiner Ausstellung BEYOND THE WALL das Thema Abgrenzung durch Mauern wieder auf eine Ebene gebracht, die uns alle persönlich berührt und uns erinnert, dass Mauern auch heute noch ganz real sind.

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