Schülerinnen und Schüler bei Prüfung
Maturità: Jedes Jahr im Juni drehen in Italien Schüler, Lehrer und Eltern kollektiv am Rad.

„Maturità“: Wie das zentrale Staatsabitur in Italien funktioniert

Die Befürworter des Zentralabiturs nehmen sich unter anderem Italien zu Vorbild, wo es ein Staatsabitur schon seit langer Zeit gibt. Wir haben einen Blick darauf geworfen.

Von Moritz Tripp, 24 Jahre

In Italien gibt es das zentrale Staatsabitur, die sogenannte „Maturità“, schon seit 1997. Einmal im Jahr, genauer im Juni, drehen dort Schüler, Lehrer und Eltern kollektiv am Rad. Durchschnittlich 500.000 Schülerinnen und Schüler legen dann im ganzen Land zeitgleich die selben Prüfungen ab. Unterstellt sind sie jeweils klassenweise einer dreiköpfigen Prüfungskommision. Ähnlich wie unser Abitur besteht die Maturità aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil. Die Aufgaben werden dabei immer kurz vor der Prüfung auf gesicherte Server geladen und von dort an die einzelnen Schulen verteilt. Das italienische Abitur gilt im europäischen Vergleich als eher anspruchsvoll und ist von der Bevölkerung größtenteils akzeptiert.

Doch schafft die Maturità in Italien wirklich ein faireres Bildungssystem als unseres in Deutschland?

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Vielleicht. Nach mehr als 20 Jahren Erfahrung mit einem vereinheitlichten Abitur kann man davon ausgehen, dass in Italien über die Zeit auch entsprechende Anpassungen im Schulsystem gemacht wurden, um die Lernniveaus der Schüler anzugleichen. Allerdings existiert dort noch immer dieselbe Problematik, die auch hierzulande bei Einführung eines Zentralabiturs bestehen würde: Nicht wenige Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern klagen nach der Prüfung regelmäßig über zu schwere Aufgaben, die teils weit über das Niveau ihrer Schulen hinausgehen würden. Man muss sich also fragen, ob es überhaupt möglich wäre, die Niveaus einzelner Schulen so weit anzugleichen, dass eine zentrale Prüfung am Ende der Schullaufbahn Sinn ergeben würde.

Soziales Gefälle im Land bleibt bestehen

Außerdem offenbart das italienische Staatsabitur immer wieder das strukturelle und soziale Gefälle im Land: Denn der Süden Italiens ist allgemein betrachtet ärmer und strukturschwächer als der Norden. Folglich sind auch die Schulen hier finanziell schlechter aufgestellt. Das sorgt für schlechtere Voraussetzungen der Schüler im Gegensatz zu denen aus dem Norden des Landes, da aufgrund fehlender finanzieller Mittel zum Beispiel weniger Personal beschäftigt werden kann und somit das Unterrichtsangebot spärlicher ausfällt. Die Abiturprüfung aber ist für alle Schüler des Landes gleich schwer – von fairen Umständen kann hier also nicht die Rede sein. Dies wird regelmäßig statistisch bestätigt: Die Schüler aus dem Süden schneiden tendenziell schlechter ab als die aus dem Norden.

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