Essen in die Bib schmuggeln? Logisch geht das

Stullen sind in der Unibibliothek eigentlich streng verboten. Doch im Lernstress muss der eifrige Student erfinderisch werden

Plötzlich ein lautes Magengrummeln. Leicht nervös blicke ich mich um, in einigen Metern Entfernung sitzt eine Gruppe von Studenten, tief versunken in irgendwelchen Texten lernen sie für die nächste Klausur, unempfänglich für störende Nebengeräusche. Das hoffe ich zumindest. Ich habe Hunger, mein Magen rumort. Leicht errötet tue ich so, als ob das nicht meiner war, sondern der eines anderen Kommilitonen in der näheren Umgebung. Seit zweieinhalb Stunden sitze ich nun schon hier und irgendwann kommt immer der Moment, an dem ich von Hunger getrieben aus der Bib stürme und meine über Stunden aufgebaute innere Ruhe zerstört wird durch das Treiben draußen. Nach zwei Wochen Lernmarathon ist es schlussendlich genug. Essen in der Bib ist zwar verboten, aber dennoch beschließe ich, mir am nächsten Tag etwas mitzunehmen und mich irgendwo im hintersten Eck zu verbunkern. Doch was? Und vor allem wie?

Unauffällig schiebe ich mich am nächsten Tag durch die Drehtür in die Bibliothek, bloß Blickkontakt mit den Damen vermeiden, die am Durchgang sitzen. Die kennen mich zwar schon von diversen Mate-Schmuggelaktionen, aber mit Essen rechnen sie sicher nicht. Ich habe einiges vor, es ist halb zehn, die Mensapause wird heute in die Bib verlegt. Als ich bei den Schließfächern bin, lasse ich unauffällig das in Frischhaltefolie verpackte Paket mit vier Butterbroten und zwei Bananen in meine Westentaschen gleiten. Kurz umgeschaut, keiner hat es gesehen. Los geht’s. Mit dem linken Arm trage ich die Tüte mit Unisachen und schiebe ihn leicht vor, um die verräterischen Ausbeulungen zu kaschieren. Die Devise: Schnell gehen oder sich in eine Gruppe mischen, die auch gerade reingeht. Weil scheinbar noch alle in den Betten liegen, bleibt mir leider nur ersteres übrig.

Die Frau am Empfang sieht mich kurz an, ihre Augen wandern zu dem seltsam nach vorne geschobenen Arm mit der Tüte. Sie runzelt die Stirn.

Wenn mir jetzt alles runterfällt, wäre das echt peinlich. „Sie dürfen nur Wasser mitnehmen.“ Natürlich habe ich nur Wasser dabei, für die Mateflasche war schließlich kein Platz mehr in der Weste. Kurz hebe ich die Tüte hoch, damit sie einen Blick darauf erhaschen kann. Immer noch misstrauisch setzt sie sich nieder und widmet sich rasch wieder ihrem Kreuzworträtsel. Ich blicke kurz an mir herunter, die Brote sind schon halb aus der Seitentasche herausgerutscht. Jetzt kann man nur hoffen, dass keine der Angestellten, die immer die Bücher von den Plätzen einsammelt, zufällig mit ihrem Wägelchen an mir vorbeirattert.

Gegen zwölf meldet sich dann wie erwartet mein Magen durch ein unbeständiges Grummeln. Gut, weiter nichts Ungewöhnliches: Seit einer halben Stunden hat mir meine Umgebung schon vermittelt, dass es anscheinend vielen hier nicht unbedingt anders geht. Immer wieder stehen einige auf und machen sich auf in die Mensa – Amateure. Langsam packe ich das Brot aus, keine Wurst, kein Käse, um die neben mir Sitzenden nicht zu belästigen. Weise vorausgedacht habe ich das ganze auch noch in Frischhalte- und nicht in Alufolie eingepackt, damit es nicht zu sehr knistert. Ein paar missgünstige Blicke werfen mir meine Nachbarn trotzdem zu, vielleicht sind sie auch einfach nur neidisch. In Windeseile verputze ich das erste Brot. Die anderen folgen im Stundentakt. Das werde ich wohl ab jetzt öfters machen.

Foto: David Ausserhofer/Freie Universität Berlin

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Kategorien Schule & Zukunft Uni & Ausbildung

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