Lieber gute Ausbildung statt schlechtes Abi

Aniko wünscht sich, dass das Image von Ausbildungsberufen besser wird.

In wenigen Wochen bekommen Tausende Abiturienten ihre Abschlusszeugnisse überreicht. Doch was, wenn nicht alle den Weg zum Abitur mit guten Noten oder aber, gar nicht geschafft haben?

Tausende Eltern knipsen dann wieder eifrig Bilder ihrer breit lächelnden Kinder. Dass immer mehr Schüler, die sich dieses Szenario für sich ausgemalt haben, an jenem Tag jedoch traurig zu Hause sitzen, darauf haben vor wenigen Tagen Berliner Lehrer in einem Brandbrief aufmerksam gemacht. Insbesondere an Oberstufenzentren sind die Zahlen alarmierend: Nur ein Drittel der Schüler schafft tatsächlich den Abschluss. Der Rest geht auf dem Weg dorthin verloren. Das Ergebnis: Frustrierte Lehrer und enttäuschte Schüler. Durch die Schulreform 2010 sind die Oberstufenzentren immer beliebter geworden. Denn während an Gymnasien die allgemeine Hochschulreife in zwölf Jahren erlangt werden muss, bieten die OSZs die gymnasiale Oberstufe in drei Jahren an. Weniger Stress, steigende Bewerberzahlen. Neben Standardfächern wie Deutsch und Mathe werden Kurse einer bestimmten Fachrichtung angeboten, beispielsweise Mediengestaltung, Erziehungswissenschaften oder Rechtswesen.

Schnell wurden nun Forderungen laut, die Zugangsvoraussetzungen müssten angehoben werden. Dass diese zu niedrig seien, beklagen auch die Lehrer in ihrem Brandbrief. Aber ist das die Lösung? Es hat ja einen Grund, dass immer mehr Schüler Abi machen wollen, auch wenn ihre Leistungen eine Zulassung nur knapp erlauben. Unsere Eltern, und wenn nicht sie dann die Gesellschaft, vermitteln uns, wir müssten die Reifeprüfung ablegen, damit etwas aus uns wird. Kein Abitur – kein Studium – kein gut bezahlter, gesicherter Arbeitsplatz. Azubis hingegen werden gerne belächelt und mit Schulabbrechern und Faulenzern gleichgesetzt. Wen wundert es da, dass so viele um jeden Preis das Abitur ablegen wollen. Nach dem Motto „Hauptsache haben“ quälen sie sich nicht selten durch die drei Jahre, obwohl ihnen eine Ausbildung vielleicht besser liegen und mehr Spaß machen würde.

Der Schlüssel liegt in der Verbesserung des Images von Ausbildungsberufen. Solange sie verpönt sind, werden Schüler an die Oberstufenzentren strömen.

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Kategorien Klartext Schule Schule & Zukunft Uni & Ausbildung

90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.