Keine Noten, kein Stundenplan – vor vier Monaten sorgte die New School für Aufsehen. Ein Besuch:
Das Leben ist eine Abfolge von Projekten, so zumindest sehen es die Pädagogen der New School. Gegründet wurde die private Integrierte Sekundarschule im November vergangenen Jahres. Acht Schüler zwischen elf und 16 Jahren kommen seither in die ehemalige Lagerhalle in der Charlottenburger Gutenbergstraße.
Der Schulname ist Programm. Die Initiatoren wollen nicht weniger als die Einrichtung Schule neu erfinden. Dafür gehen sie ungewöhnliche Wege. Gelernt wird jahrgangs- und fächerübergreifend und losgelöst von Stundenplänen. Die „Talents“, wie die Schüler genannt werden, eignen sich den Lernstoff eigenständig an, indem sie Projekte durchführen. Das kann das Zusammenstellen von Playlisten sein oder das Schneidern von Cosplay-Kostümen. Eine Schülergruppe arbeitet gerade am Projekt „Musikraum“, das im Obergeschoss des verglasten Neubaus realisiert werden soll. Neben den gemeinsamen gibt es individuelle Einzelarbeiten, in denen persönliche Leidenschaften ausgelebt werden können, etwa die Liebe zu Schildkröten beim Einrichten eines Aquariums. Hierbei wird unbewusst Wissen aus der Mathematik, Biologie, Konstruktionsund Stofflehre vermittelt. „Jedes Talent soll auf diese Weise die Möglichkeit bekommen, seine eigenen Stärken zu erforschen“, erklärt Tobias Hönig, Mitglied der Schulleitung und Mentor, der den Jugendlichen während der Schulzeit zur Seite steht. Neben den Mentoren gibt es Tutoren, die die Rolle der Lehrer übernehmen. Sie geben beispielsweise Tipps beim Erstellen von Finanzplänen oder Recherchieren benötigter Materialien.
Anstelle von Noten gibt es Bewertungen, die anzeigen, wie gut ein Talent in der jeweiligen Tätigkeit ist. Ganz ausgereift sei der Zeugnisentwurf aber noch nicht – eines von vielen offenen Projekten.
Ilja Koschembar, Sprecher für den Bereich Jugend und Familie der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, begrüßt die New School prinzipiell: „Schulen in freier Trägerschaft bereichern das Schulwesen. Sie erweitern das Angebot der freien Schulwahl und können das Schulwesen durch besondere Inhalte und Formen der Erziehung und des Unterrichts fördern.“ Zum nächsten Schuljahr sollen bis zu zwanzig neue Schüler in der New School lernen. Ihre Eltern greifen für die Aufnahme ihrer Kinder tief in den Geldbeutel. Das Schulgeld beläuft sich auf zehn Prozent des elterlichen Jahreseinkommens, maximal auf 1 200 Euro pro Monat. Sie vertrauen auf das, was New School verspricht: eine individuelle Förderung, neue Lernatmosphäre, glückliche Schulzeit und Stärkung fürs Leben. „Ob die Schule die Gewähr dafür bietet, dass sie die bei der Genehmigung gestellten Bedingungen erfüllt und in ihren Leistungen den öffentlichen Schulen mindestens gleichwertig ist, wird die zuständige Schulaufsicht im Laufe des Schuljahres prüfen“, sagt Koschembar.
Die Prüfungen zum Mittleren Schulabschluss am Ende der zehnjährigen Schulpflicht müssen die Schüler aktuell noch an einer Partnerschule ablegen. Auch das soll sich ändern, sagt Tobias Höhn – und ergänzt mit einem Blick auf das karge Stück Land neben dem Schulgebäude: „Der Schulhof, das ist ein weiteres Projekt.“
Mehr Infos unter: www.newschool.de