Bei der Wein­ernte helfen Johannes (l.) und die anderen Freiwilligen mit. Foto: Johannes Reichold

Adieu Berlin – hallo Georgien

Vor wenigen Wochen stieg Johannes ins Flugzeug, um in Gremi als Freiwilliger zu arbeiten. Wir begleiten ihn. Heute: Teil 1

Johannes Reichhold, 18 Jahre

GEORGIEN. Es fühlte sich überstürzt an, als ich vor wenigen Wochen am Gate 4A in Tegel stand und mich von Freunden und meiner Familie verabschiedete. Ich machte mich auf den Weg nach Gremi, einem kleinen Ort in der Region Kache­tien im Osten Georgiens. Im Rahmen eines Internationalen Jugendfreiwilligendienstes helfe ich bei einem Projekt, das Menschen aufnimmt, die sonst aus der Gesellschaft ausgeschlossen wären – Waisen, alleinerziehende Mütter und Menschen mit Behinderungen. 80 von ihnen finden hier in Temi (zu Deutsch: „Gemeinschaft“), wie das Projekt heißt, nicht nur ein Heim, sondern eine Familie.

Ein Begriff, der beim Vorbereitungsseminar oft fiel, ist der Kulturschock. In der Theorie verläuft dieser parabel­förmig und beschreibt den Weg der Integration in die fremde Kultur. Man startet euphorisch, und später folgt der Tiefpunkt, der dann hoffentlich in Anpassung mündet. Ich war schnell an meinem Tiefpunkt. Nach der Landung mitten in der Nacht stieg ich in ein Auto, das mich nach Temi brachte. Der georgische Fahrstil ist sehr eigen und die Straßen von schlechter Qualität. Sicherheits­gurte sind seit Kurzem vorne Pflicht, doch ich saß hinten. Nach drei Stunden Fahrt war ich froh, noch am Leben zu sein. Drei Stunden Schlaf später gab es Frühstück: zerkochte Nudeln mit Milch und Zucker, liebevoll Schleim­nudeln genannt. Das war innerhalb des Kultur­schocks mein persönlicher Tiefpunkt.

Bei der Wein­ernte helfen Johannes (l.) und die anderen Freiwilligen mit. Foto: Johannes Reichold
Bei der Wein­ernte helfen Johannes (l.) und die anderen Freiwilligen mit. Foto: Johannes Reichold

Doch schon am zweiten Tag begann die Phase der Anpassung. Ich lernte die Bewohner Temis kennen und durfte die unglaubliche Gastfreundschaft der Georgier genießen: Beim Schlendern durch das Dorf wurde ich prompt zu Chatschapuri (gebackenes Quarkbrot) und Tchatcha (schwarz gebrannter Wodka auf Traubenbasis) eingeladen. Momentan habe ich nicht mehr das Gefühl, meine Heimat für ein Jahr verlassen zu haben. Vielmehr freue ich mich, 365 Tage lang Teil einer neuen, aufregenden Familie sein zu dürfen. Wie es mir weiterhin ergeht, darüber halte ich euch auf dem Laufenden.

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Schule & Zukunft Über den Tellerrand

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.

Kommentare sind geschlossen.