Abi-Pannen – peinlich oder verzeihlich?

Von Bill Schneider und Corinne, beide 18 Jahre

Gäbe es eine Auszeichnung für das Bundesland mit den größten Abi-Pannen, wäre Berlin der diesjährige Favorit: Im April entschied sich, dass rund 700 Schüler wegen einer fehlerhaften Aufgabenstellung ihre Matheprüfung wiederholen müssen. Dann wurde bekannt, dass einer Berliner Lehrerin auf einer Spanienreise ihre Tasche gestohlen wurde, in der sich neun Englisch- und 19 Deutschabiturklausuren befanden. Auch ihre Schüler müssen die Prüfung nun noch einmal schreiben. Dürfen solche Missgeschicke passieren? Die Jugendredaktion ist geteilter Meinung.

Bill Schneider: „Lehrer sind auch nur Menschen – zum Glück.“ Foto: privat

PRO: Während meines Auslandsjahres in den USA gab es viele so genannte „standardized tests“, Vergleichsarbeiten für einen ganzen Bundesstaat, die in jeder Schule an einem Computer gelöst werden. Die Schüler sitzen dazu zwei Stunden lang still in einer großen Halle und bedienen die Geräte. Das Meiste muss nur angekreuzt werden und die Software kann so in Sekunden die Arbeit korrigieren. Bei uns in Deutschland hingegen wird auf Papier von Hand ein Rand gezogen, dann wird das Blatt mit einem Füller in Schönschrift beschrieben. Lehrer – echte Menschen also, die atmen und Hobbys haben – schauen sich jede einzelne Arbeit an, streichen Fehler an und müssen abwägen, wenn sich etwas in einer Grauzone zwischen Richtigem und Falschem befindet. Wo Menschen etwas tun, werden Fehler gemacht. Die Kritik an Lehrern reicht von der Unklarheit ihrer Aufgabenstellungen bis hin zu der angeblichen Schludrigkeit der Lehrerin, der Klausuren gestohlen wurden. Aber mit Blick auf die USA empfinde ich es als Privileg, als Schüler mit Menschen aus Fleisch und Blut zu tun zu haben, die uns auch als Individuen wahrnehmen können. Dafür nehme ich gerne in Kauf, dass diese Menschen auch Fehler machen.

CONTRA: Wer nach zwölf Jahren Schule seinen letzten Prüfungen entgegensieht, erwartet nicht nur fehlerfreie Aufgaben, sondern auch die Gewissheit, dass die geschriebenen Worte, wenn sie den Lehrern übergeben werden, in sicheren Händen sind. Fehler dürfen natürlich auch Lehrern passieren, aber eben nicht im Abitur. Nach monatelanger Vorbereitung und drei oder mehr Stunden Prüfungszeit möchte man mit der Thematik abschließen können. Wenn man erfahren muss, dass all die Arbeit zunichte ist, weil jemand nicht aufgepasst hat, sind Wut und Enttäuschung verständlich. Schließlich ist das Abitur keine Hausarbeit, die man in einer halben Stunde erledigt, sondern eine komplexe Aufgabe, die man möglicherweise beim zweiten Anlauf, nachdem man eigentlich dachte, das Thema abgehakt zu haben, nicht mehr so gut bewältigt. Solche Klausuren bedeuten für die Schüler Arbeit, aber eben auch für die Aufgabensteller und Lehrer. Wem die Verantwortung für die Abituraufgaben gegeben wird, muss dafür sorgen, dass sie korrigiert und benotet werden können. Mehr erwarten wir nicht.

Was ist eure Meinung? Wie schlimm sind die Pannen, die beim Abitur passiert sind?

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