„Wenn ich mal groß bin…"

Träumt ihr nicht auch manchmal davon, eure Leidenschaft später zum Beruf zu machen? Wir haben uns auf die Suche nach jungen „Traumberuflern” gemacht, die euch von ihrer Arbeit und ihren Erfahrungen erzählen.

Bereits während seines Geographie-Studiums an der Universität Trier sammelte Felix erste Auslandserfahrungen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit und Wissensmanagement in einem 3-monatigen Praktikum bei der UN in Kenia. 2008 verschlug es den Potsdamer in die kambodschanische Hauptstadt Phnom Penh, wo er für die Deutsche Entwicklungszusammenarbeit tätig war. Seit zwei Jahren arbeitet der 29-Jährige als Entwicklungshelfer in einer der höchsten Regionen der Welt – dem Pamirgebirge in Tadschikistan. Auf rund 2000 Metern Höhe hat sich Felix unserem Fragebogen gestellt.

„Eine richtige warme Dusche vermisse ich dann doch schon mal.“
Entwicklungshelfer Felix (links) und sein Kollege Abedillo. Foto: Benedikt Ibele

Felix, erzähl uns doch kurz von Deiner derzeitigen Arbeit.

Ich arbeite in einem großen Projekt mit unterschiedlichen Aktivitäten zum Schutz der natürlichen Ressourcen in Tadschikistan. Unser kleines Team entwickelt und standardisiert Pumpen, Fenster und Öfen. Diese Technologien sind wichtig, um zum Beispiel Häuser zu isolieren, da es im Winter im Pamirgebirge auf 3000 Metern sehr kalt wird oder um die trockenen Gärten während der Sommermonate zu bewässern. Das Ziel des Projektes ist es, den Druck auf die natürlichen Ressourcen zu reduzieren.

Wolltest Du schon immer in der Entwicklungshilfe tätig sein und was hast Du dafür studiert?
Ich wollte schon immer raus in die Welt. Deshalb habe ich auch Geographie mit den Nebenfächern Betriebswirtschaftslehre und Planungs-, Umwelt-, und Siedlungssoziologie an der Universität Trier studiert. Mich hat schon immer interessiert, welche Prozesse auf der Welt geschehen. Ob seitens der Menschen oder der Natur.

Würdest Du Deinen Beruf als Traumberuf bezeichnen?
Wenn ich zurück denke, lebe ich gerade meinen Traum. Dieser Beruf ist jedoch nicht immer einfach. Ich muss lernen, auf vieles zu verzichten. Seit gut zwei Jahren lebe ich nun in der zweithöchsten Region der Erde. Die Berge dort sind bis zum 7500 Metern hoch. Ich selbst lebe auf 2100 Metern in einer kleinen Stadt mit 30.000 Einwohnern an der Grenze zu Afghanistan. Dort gibt es im Winter manchmal keinen Strom. Es wird bis zu minus 25 Grad Celsius kalt und wir haben hier keine richtige Heizung. Hinzu kommt, dass man 15 Stunden durch die Berge fahren muss, um zur Hauptstadt zu gelangen. Im Winter ist die Piste durch Schneelawinen und im Frühling manchmal durch Schlammlawinen blockiert. Mein Alltag ist durch ständige Herausforderungen geprägt. Das können ganz banale Ding sein, wie zum Beispiel Wasser aus dem Fluss holen, um Tee zu kochen. Es wird nie langweilig. Kurzum: ich lebe im Pamir ein wenig in einer anderen Welt: ohne Supermärkte, Fernsehen, Kino, Cafés und ohne Freizeitmöglichkeiten. Dafür bin ich hier in einer der schönsten und extremsten Berglandschaften der Welt. Die uneingeschränkte Lebensfreude der dort lebenden Menschen erstaunt und motiviert mich immer wieder.
Na gut, eine richtige warme Dusche vermisse ich dann doch schon mal!

Was waren deine Vorstellungen von Deinem Beruf und wie sieht die Realität nun aus?

Im Ausland zu arbeiten bedeutete für mich immer, dass ich viel reisen werde. Das tue ich auch. Jedoch bin ich beruflich unterwegs. Das unterscheidet sich sehr von meinen privaten Reisen. Ich sitze auch oft vor dem Rechner. Da macht es dann manchmal keinen Unterschied, ob ich in Tadschikistan, Berlin oder Bangkok arbeite. Das Schöne ist aber, dass ich die Ergebnisse meiner Arbeit direkt vor Ort bei den Menschen sehen kann. Ich erinnere mich noch gut an eine Frau, die sich wahnsinnig gefreut hat, als wir eine Wasserpumpe in ihrem Garten installiert hatten. Sie lebt mit ihrer behinderten Tochter in einem einfachen Haus ohne Wasseranschluss.

Erzähl uns von dem bisher aufregendsten Erlebnis in Deinem Berufsleben.
Wir haben im Pamir mit lokalen Handwerkern eine schwimmende Pumpe entwickelt. Sie arbeitet nur durch die Strömungsenergie des Flusses. Diese Idee entstand vor über einem Jahr. Als wir unseren ersten Prototypen gebaut hatten und diesen zum ersten Mal testeten, waren meine Kollegen Farrukh, Khusrav und ich sehr gespannt, ob diese funktionieren würde. Sie funktionierte! Es ist toll, wenn eine Idee nach langer Arbeit Realität wird. Nun kann die Pumpe von lokalen Leuten gekauft werden, da es bisher keine Alternativen gab.

Was würdest Du jungen Leuten empfehlen, die auch in der Entwicklungshilfe tätig sein wollen?
Sie sollten sich über die vielen Einbüßungen im Klaren sein und sich dann entscheiden, ob sie damit leben könnten und möchten. Außerdem sollten sie sich stets hinterfragen, ob ihre Arbeit wirklich einen nachhaltigen Nutzen für die Leute vor Ort hat. Und sie sollten neugierig bleiben.

Was wärst Du heute, wenn Du kein Entwicklungshelfer geworden wärst?
Kameramann oder Fotograf. Um den Menschen zu zeigen, wie schön unser Planet ist und wie viele Regionen und Menschen es auf der Welt gibt, über die wir so gut wie gar nichts wissen.

Was für eine Rolle spielt Deine Heimatstadt Potsdam für Deine Arbeit?

Manchmal denke ich daran zurück, was mir die Menschen von dort mit auf den Weg gegeben haben. Verwandte, Bekannte und Freunde haben mich in meinem Umfeld geprägt. Ich bin viel in der Weltgeschichte unterwegs. Darum ist mir sehr wichtig, zu wissen, woher ich komme und welche Personen immer für mich da sind. In erster Linie sind das meine Familie und meine engsten Freunde.

Wo siehst Du Dich beruflich in 20 Jahren?

Ich möchte weiterhin mit vielen interessanten Menschen zusammenarbeiten, mit Idealisten. Ich denke, dass ich in 20 Jahren weiterhin im Bereich „Schutz der natürlichen Ressourcen“ arbeiten möchte. Weltweit haben rund eine Milliarde Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser und täglich verkleinern sich die großen Wälder in Sibirien, da das Holz von dort nach China verkauft wird. Von daher denke ich, dass mein Arbeitsgebiet, natürlich mit Unterbrechungen, immer in Asien bleiben wird.

Kristin Magister

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