Lars Redlich ist Musicaldarsteller und Comedian. Gerade tourt der Berliner mit seinem Soloprogramm durch Deutschland. Foto: Ricarda Spiegel

Prominent gefragt: Lars Redlich

Prominente müssen der Presse ständig Tausende Fragen beantworten. Die Jugendredaktion dreht den Spieß um: Wir geben den Prominenten Antworten auf alle Fragen dieser Welt.

Lars Redlich fragt: „Wenn ihr von den 90ern hört, als es keine SMS gab, man Songs wie ‚Coco Jambo‘ gehört und Radlerhosen getragen hat, seid ihr froh, diese Zeit verpasst zu haben? Welche Gefühle kommen bei euch hoch? Oder gar eine Sehnsucht, wie sie viele zu den 60ern haben, obwohl sie sie nicht erlebt haben?“

Lars Redlich ist Musicaldarsteller und Comedian. Gerade tourt der Berliner mit seinem Soloprogramm durch Deutschland. Foto: Ricarda Spiegel
Lars Redlich ist Musicaldarsteller und Comedian. Gerade tourt der Berliner mit seinem Soloprogramm durch Deutschland. Foto: Ricarda Spiegel

Die Jugendredaktion antwortet: Lieber Lars, wenn ich versuche, mich an meine frühe Kindheit in den Neun­zigerjahren zu erinnern, flimmert vor meinem geistigen Auge ein leuchtend buntes Klischee: Ich sehe meine Kindergartengruppe in Mickey-Mouse-Shirts, Schlumpfeis essend auf dem Weg in den Freizeitpark, aus dem Busradio dudeln die Spice Girls. Die Zeiten haben sich geändert – zum Positiven, denn zumindest von den Spice Girls hat man lange nichts mehr gehört. Doch obwohl meine Generation die Neunziger oft nur noch von Familienfotos kennt, könnte die Nostalgie nicht größer sein: 90er-Partys sind aus dem Repertoire vieler Clubs nicht mehr wegzudenken, populäre Modeketten produzieren Pullis mit Nirvana-Logo, man trägt auch wieder Lederjacken, hohe Taille, bauchfrei und Plateau. Wer keine Polaroid-Kamera bei eBay ergattern kann, filtert sich auf Instagram fleißig eine nostalgische 90er-Optik zurecht.

Vergangenen Zeiten hinterherzuträumen ist, wie du sagst, kein neues Phänomen, denken wir nur an die Woodstock-Euphorie. Uns reizt die Möglichkeit, die wenigen eigenen Erinnerungen mit Fantasie aufzufüllen, um ein persönliches Bild dieser Zeit zu kreieren. Und so waren die Neunziger für mich Gameboy, Gummitwist und Bandsalat im Walkman. Sicherlich haben wir es heute deutlich komfortabler, können wir uns doch schnell per SMS verabreden oder jederzeit im Internet unsere Wunschmusik aufstöbern. Und ja, ich bin unsagbar froh, dass mich die Jahrtausendwende noch vor der Pubertät vor Bauchnabelpiercings und Buffalos bewahrt hat. Aber können wir von uns behaupten, eine Alltagskultur zu leben, an die man nicht schon bald mit einem belustigten Kopfschütteln zurückdenkt? Ich bin mir sicher, dass junge Menschen in 20 Jahren auf die heutige Zeit blicken, über Undercuts und Skinny Jeans lachen und sich begeistert auf dem Flohmarkt ein Smartphone kaufen werden, diese riesigen, unhandlichen Dinger. Wenn ich heute im Radio Nirvana höre, bekomme ich jedenfalls eine freudige Gänsehaut. Und um ganz ehrlich zu sein: manchmal sogar bei den Spice Girls.

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Schreiben ist meine Neurose. Ich mache das wirklich nicht freiwillig. An pathologischer Schreibwut leide ich etwa seit meinem neunten Lebensjahr. Heute bin ich 24. Sie äußert sich in der übermäßigen Produktion von Texten, dabei reagiere ich sensibel auf gute Geschichten. Schreiben ist mein Plüsch–Airbag gegen Schleudertraumata im täglichen Gedankenkarussell, Weckglas für klebrig-süße Memoirenmarmelade und die doppelte Aspirin am Morgen nach einem exzessiven Empfindungsrausch. Ich habe eine Schwäche für Präpositionen mit Genitiv, Schachtelsätze und Ironie. In die Redaktion komme ich nur, weil es da umsonst Tee gibt.