Langeweile auf dem Podium

Politiker und Publikum blieben bei der Diskussionsveranstaltung an der Elinor-Ostrom-Schule auf Distanz zueinander. Foto: Christopher Schreiber
Politiker und Publikum blieben bei der Diskussionsveranstaltung an der Elinor-Ostrom-Schule auf Distanz zueinander. Foto: Christopher Schreiber

Im Wahlkampf gibt es an vielen Schulen Diskussionen mit Politikern. Das funktioniert nicht immer gut.

 

 

Die Podiumsdiskussion in der Elinor-Ostrom-Schule scheint von Anfang an nicht gut zu laufen. In den hinteren Reihen wird nur mit halbem Ohr zugehört, selbst die Lehrer quatschen ab und zu. Helmut Metzner (FDP) empört sich allzu stark, Cansel Kiziltepe (SPD) wirkt müde, Sebastian von Hoff (Piraten) uninformiert, Kurt Wansner (CDU) einfach nur alt.
Veranstaltungen wie die an der Ostrom-Schule vergangene Woche finden kurz vor der Bundestagswahl am 22. September an vielen Schulen statt und sollen eigentlich ein Instrument für die Meinungsbildung der Schüler sein. In der Aula der Ostrom-Schule aber zeigt sich beispielhaft ein Problem, das viele Schulen damit haben: Die eigentlich gute Idee wird falsch umgesetzt. Die Direktkandidaten des Wahlkreises Friedrichshain-Kreuzberg/Prenzlauer Berg-Ost beziehungsweise ihre Vertreter werden von den höheren Klassen mit drei Themen konfrontiert, die auch den sonstigen Wahlkampf bestimmen: Syrien, Flüchtlinge, Mindestlohn.

Von einer wirklichen Diskussion kann dabei aber keine Rede sein. Das liegt nicht an den moderierenden Schülern, die das Gespräch gut vorbereitet haben, sondern am Format der Veranstaltung. Der Versuch, die Redezeit gerecht zu teilen, führt dazu, dass der Reihe nach alle Politiker ihre Meinung zum Thema herunterbeten müssen, bevor auf die Anderen eingegangen wird – gerade die Oppositionspolitiker wiederholen sich dabei. 
Außerdem reden die Politiker an den Jugendlichen vorbei. Als Beispiel für gerechte Sozialpolitik fällt Hans-Christian Ströbele (Grüne) ausgerechnet die Erhöhung der Renten ein, Stefan Liebich (Linke) redet über Ost-West-Spaltung – Probleme, die die meisten Schüler eher weniger berühren dürften. Als man es schon nicht mehr zu hoffen wagt, wird das Thema Bildung dann doch noch angesprochen – im letzten Nebensatz des allerletzten Redebeitrages von Cansel Kiziltepe (SPD).

In der anschließenden Fragerunde stürzen sich alle Politiker mit Ausnahme von CDU-Mitglied Wansner auf die Frage einer Schülerin nach den Positionen der Parteien zur Legalisierung von Cannabis und beteuern, dies möglichst bald umsetzen zu wollen, offenbar froh, endlich ein „Jugendthema“ gefunden zu haben. 
Brav applaudiert wird trotz allem, wahrscheinlich aber weniger aus Begeisterung als aus dem Gefühl he­raus, die Pausen nach den Beiträgen füllen zu müssen. Buhrufe gibt es für FDP-Kandidat Metzner, als der sich über den Irokesenhaarschnitt des Piratenvertreters von Hoff amüsiert.

„Ich will nicht wählen, weil ich mich nicht auskenne“, sagt Schülerin Michelle (19) im Nachhinein. Die Wahlbenachrichtigung habe sie schon weggeworfen. Ob ihr die Veranstaltung geholfen hätte, einiges besser zu verstehen? Michelle schüttelt den Kopf. Die 18-jährige Cha­nelle würde gern wählen, darf aber nicht, weil sie keine deutsche Staatsbürgerschaft hat. Sie hätte sich gewünscht, dass über dieses Thema gesprochen worden wäre – selbst danach fragen konnte sie nicht, da zu wenig Zeit für Publikumsfragen blieb. Schülerin Yasmina fand das Gespräch am Ende doch sinnvoll. „Ich habe etwas über Themen gelernt, die mich vorher nicht interessierten. Jetzt werde ich etwa den Syrien-Konflikt weiter verfolgen.“

Immerhin.

 

Von Josephine Valeske, 17 Jahre

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