Zugvögel mit Sinn für Richtungswechsel

Sie kamen als Freiwillige. Sie gehen als Vereinsgründer, die Ecuadorianer nach Deutschland bringen


von Felix Szabó, 20 Jahre


Milan, Lucas, Maya, Lukas, Mira und Niko (v.l.n.r.) haben alle im Sommer 2010 ihr Abitur gemacht und sind heute der Vorstand des Vereins Zugvögel. /Foto: Zugvögel

QUITO/ECUADOR. Was müssen sich Weltwärts-Freiwillige nicht alles anhören: Touristen! Faulenzerinnen! Partylustige! Neokolonialistinnen! Ab jetzt sollte in der Liste bitte ergänzt werden: Vereinsgründer! Oft werden den jungen Leuten, die den entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in so genannten Entwicklungsländern leisten, zwar andere Absichten vorgeworfen, doch eigentlich geht es bei Weltwärts darum, etwas zu lernen. Um Begegnungen auf Augenhöhe, um interkulturellen Austausch.


Ein Austausch funktioniert jedoch nur, wenn er in zwei Richtungen stattfindet. Deshalb hat eine Gruppe Freiwilliger, die momentan in Ecuador eingesetzt ist, nun selbst einen Verein gegründet: Zugvögel – Aves de Paso, Süd-Nord-Freiwilligenaustausch. Als Entsendeorganisation wollen die Jugendlichen demnächst zunächst in Ecuador Freiwillige suchen und für sie Gastfamilien und Einsatzstellen in Deutschland finden. „Wir habenbemerkt, dass wir hier jeden Tag lernen, aber im Gegenzug nicht viel hier lassen“, sagt der 19-jährige Berliner Lukas Perka, einer der Gründer, der in Quito unter anderem Reporter einer Radiosendung unterstützt. „Dass es in Deutschland Jahreszeiten gibt? Dass dort ebenfalls Erdbeeren wachsen, aber keine Naranjillas? Wir wollen etwas mehr zurücklassen als Erinnerungen an den netten blonden Gastbruder und ein paar Anekdoten über Wetter und Vegetation.“


Natürlich sind sich die Jugendlichen der Schwierigkeiten bewusst, die ihr Projekt mit sich bringt. Sie gehen von einer Summe im höheren vierstelligen Bereich pro neuem Teilnehmer aus, momentan setzen sie viel Hoffnung in das Sammeln von Spenden. Außerdem brauchen die Freiwilligen Visa für Deutschland, und die sind für Ecuadorianer nicht leicht zu bekommen. „Wir sehen viele Hürden, aber es wird für alles eine Lösung geben“, sagt die 20-jährige Maya Markwald, die als Englisch und Musiklehrerin eingesetzt ist und später Jura studieren will. „Nachweise, Sprachkurse, Einladungen – es braucht Zeit und viel Energie, das alles zu besorgen. Aber wir sind bereit, es zu tun.“


Gute Erfahrungen haben die Vereinsgründer mit dem Aufspüren von deutschen Gastfamilien gemacht, das war leichter als gedacht. Passende Projekte in Deutschland, bei denen sich die Freiwilligen engagieren könnten, sind momentan noch schwer zu finden. Aber auch hier gibt es immerhin schon eine verbindliche Zusage. „Das Projekt geht gerade erst los“, sagt Lukas. „Wir haben schon viele Hürden genommen, seit die Idee im November geboren wurde, diverse Kontakte zu möglichen Helfern, Einsatzstellen, Gastfamilien und Menschen mit Ideen aufgebaut. Wir glauben daran, dass es echten Austausch geben kann – und vielleicht sogar eine etwas bessere Welt.“


Weitere Informationen über das Projekt und Möglichkeiten zur Unterstützung findet ihr unter www.zugvoegel.org oder unter dem Profilnamen „Zugvögel – Aves de Paso“ bei Facebook.

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