Von der Wut ablenken


Viele Kinder in Dschenin verbringen den Tag auf der Straße. Foto: Raufeld/Paul Esra Martin

Im palästinensischen Dschenin verarbeiten jugendliche Flüchtlinge ihre Erfahrungen in einem Theaterprojekt


Dschenin. Die Sonne brennt heiß, am Straßenrand liegt Müll, an zahlreichen Häuserwänden hängen Märtyrerbilder. Mitten im Flüchtlingslager im palästinensischen Dschenin liegt das Freedom Theater. 2006 gegründet ist es inzwischen eine Institution, die den oftmals traumatisierten Jugendlichen, die in dem Lager leben, eine Perspektive bietet. In dem Theater werden ihnen verschiedene Freizeitbeschäftigungen geboten. Neben Theatergruppen stehen viele Workshops zur Auswahl, die sich zum Beispiel mit Fotografie, Film oder Journalismus beschäftigen.


Obwohl das Theater in Palästina kaum Tradition hat, konnte sich das Projekt im Flüchtlingslager etablieren. Die Theaterkoordinatorin Rawand Arqawi erzählt, dass häufig auch die Eltern eingeladen werden, damit sie sich ansehen können, was ihre Kinder in ihrer Freizeit tun.


Obgleich in Palästina eigentlich ausschließlich Männer Schauspieler werden dürfen, sind in dem Ensemble des Freedom Theaters sechs Mädchen und nur zwei Jungen.


Einer der männlichen Teilnehmer ist Rami Awni. Wie viele Jugendliche in Dschenin hat er keine Arbeit und geht auch nicht zur Schule. Der Direktor des Theaters fragte ihn, ob ernicht Lust hätte, Theater zu spielen. Nach kurzem Zögern sagte Rami zu. Heute kann er sich nichts Schöneres vorstellen. „I love it“ – Ich liebe es – sagt er. Eine wichtige Motivation für ihn und alle anderen Jugendlichen, die im Freedom Theater ihre Freizeit verbringen, ist die Möglichkeit, die fertigen Projekte einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Denn das Freedom Theater sorgt dafür, dass es für alle Kunstformen, mit denen sich die Teilnehmer in den Workshops beschäftigen, eine passende Plattform
gibt. So bekommen die Mitglieder der Filmgruppe die Möglichkeit, ihre Werke auf einem kleinen Filmfestival vorzustellen, die Fotografen organisieren eine Ausstellung und die Journalisten dürfen einen Artikel in einem bekannten Magazin veröffentlichen.


Aber das Freedom Theater will mehr. Es gehe auch darum, die Jugendlichen, die aus Kriegsgebieten stammen und häufig selbst kämpfen mussten, von ihrer Wut abzulenken, so Rawand Arqawi.


von Paul Esra Martin, 19 Jahre

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