Visionen im Realitätscheck


Harvey Milk war schwul. aber die Umstände, unter denen er als Homosexueller lebte, alles andere als glücklich. Viel hat sich seit seinem Tod getan, aber furchtlos outen kann man sich heute immer noch nicht. Nirgendwo auf der Welt. (Foto: Raufeld/Fritz Schumann)„Sollte eine Kugel in mein Hirn treten, lasst diese Kugel jede Schranktür zerstören.“
Harvey Milk (1930-1978) war der erste Politiker in den USA, der sich offen zu seiner Homosexualität bekannte.


Im Englischen heißt es: „destroy every closet door“, im Sinne von „coming out of the closet“, sich outen. Milk wurde tatsächlich durch einen Kopfschuss getötet, genau so, wie er es lange Jahre befürchtet hatte. Aber hat sich sein Wunsch erfüllt?


Dass sein Tod das Outing für Homosexuelle vereinfacht hätte, kann man nicht pauschal behaupten. Im Grunde hat bereits die jahrelange politische Aktivität von Milk und seinen Mitarbeitern und Anhängern dafür gesorgt, Homosexuellen zu mehr Akzeptanz zu verhelfen. San Francisco ist heute unter anderem auch wegen ihm als Stadt mit einer großen glücklichen Schwulenszene bekannt.


Währenddessen ist es aber in vielen Teilen der Welt vollkommen unmöglich, öffentlich homosexuell zu sein, ohne schlimme Konsequenzen ertragen zu müssen. Und auch in Ländern, die das Recht auf Freiheit bezüglich der Sexualität stolz in ihrer Verfassung vorweisen können, müssen Schwule und Lesben zwei Mal überlegen, ob ein Outing nicht die Karriere, den Familienzusammenhalt oder den Nachbarschaftsfrieden zerstört. Von Gleichberechtigung kann keine Rede sein. Eine aktuelle Welle von Selbstmorden homosexueller Jungs in Amerika ist ein trauriger Beweis dafür, wie viele Kleiderschränke zurzeit noch mit aller Gewalt zugehalten werden müssen.


(Sandra Queißer, 19 Jahre)

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