Clowns vom Verein Rote Nase wollen Freude in Flüchtlingsheime bringen. Wir haben das Pilotprojekt besucht
„Wer möchte der Tiger sein?“, fragt Marion Pletz und hält gemusterte Ohren aus Plüsch in die Luft. Sofort springen rund 15 Kinder auf. Ein Junge ist schließlich der Glückliche und darf mit den Ohren auf dem Kopf durch einen Hula-Hoop-Reifen springen. Eigentlich üben die Kinder hier für eine Aufführung, aber die scheint in diesem Augenblick nebensächlich zu sein. Vor allem sollen sie Spaß haben, toben, Kind sein dürfen.
Dafür kommen Marion und ihr Kollege Matthew Burton jeden Mittwoch nach Lichtenrade ins Flüchtlingsheim und veranstalten Workshops. Die beiden sind Clowns vom Verein Rote Nasen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, überall dort Trost und Zuversicht zu spenden, wo Menschen leiden. Besonders bekannt sind sie für ihre Besuche in Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen. Die auf zwei Monate ausgelegten Workshops in Flüchtlingsunterkünften gehören zu dem Programm „Emergency Smile“, das seit 2014 von der Europäischen Union gefördert wird. Am Ende des Kurses dürfen sie in einer Aufführung zeigen, was sie gelernt haben. Das Projekt wird neben der EU auch vom Deutschen Kinderhilfswerk, „Clowns helfen“ und „Menschen helfen“ unterstützt.
Die meisten der Kinder stammen aus Syrien und dem Kosovo. Aber auch deutsche Klassenkameraden und Nachbarskinder dürfen mitmachen. Denn neben lustigen Showeinlagen, Musik, Jonglage und Akrobatik geht es auch darum, die Begegnung zu fördern und ein tolerantes, respektvolles Miteinander zu vermitteln. Jeder soll seinen Platz finden und sich sicher fühlen. Dazu braucht es klare Regeln. Schlagen ist tabu, genauso das Mitbringen von Spielzeugwaffen. Außerdem ist immer eine Sozialarbeiterin vor Ort, um die Rasselbande im Zaum zu halten. Das gehörte zu den Bedingungen von Rote Nasen.
Neben der Einrichtung in Lichtenrade besuchen die Clowns noch eine Unterkunft in Potsdam. Matthew und Marion sind fest überzeugt, dass das Projekt in den nächsten Jahren noch wachsen und sich weiterentwickeln wird. „Die Aufgabe ist klar, sowohl in Deutschland als auch international“, meint Matthew, der gerade zum Projektleiter für die Rote-Nasen-Flüchtlingsprojekte ernannt wurde. In Lichtenrade sind die Clowns schon jetzt ein Highlight. Die Kinder würden sie am liebsten gar nicht mehr gehen lassen. Auch außerhalb der Workshops üben sie ihre Kunststücke. Matthew und Marion freuen sich über diese Energie. Sie sehen ihre Aufgabe darin, bei den Ankömmlingen ein Bewusstsein für Interessen und Neigungen zu schaffen. Eine Therapie sollen die Workshops aber nicht ersetzen. „Einige der Kinder sind sicher schwer traumatisiert“, erklärt Marion. Wir wollen ihnen zeigen, dass es noch so viel Schönes auf der Welt gibt.“ Über die Vergangenheit ihrer jungen Teilnehmer sprechen sie deshalb kaum. „Es geht darum, etwas für den Moment zu schaffen“, erklärt Matthew.
Friederike Deichsler, 19 Jahre