Das Netzwerk „Stay Grounded“ will Menschen vom Fliegen abbringen. In Schweden liegt das Nicht-Fliegen schon im Trend.
Als erstes Nichtkohlekraftwerk schaffte es Ryanair gerade in die Top Ten der größten CO2-Emittenten Europas. Doch selbst Umweltbewusste stehen vor einem Dilemma: Fliegen steht für Freiheit und einen kosmopolitischen Lebensstil. Das internationale Netzwerk „Stay Grounded“ will das ändern und eine Bewusstseinswende in Gang setzen.
Ein Urlaubsflug von Berlin nach Mallorca verursacht circa dieselben CO2-Emissionen wie der durchschnittliche deutsche Autofahrer pro Jahr. Zwei Prozent der CO2-Emissionen, die auf der gesamten Welt produziert werden, gehen auf den Flugverkehr zurück. Aber, und das ist das Entscheidende, Flugzeuge produzieren weitere Treibhausgase, die den Klimawandel anheizen. Das Umweltbundesamt rechnet dafür mit dem Faktor 3, ausgehend von den CO2-Emissionen, sodass der Einfluss der flugbedingten Emissionen deutlich steigt. Und das, obwohl letztes Jahr nur 3 Prozent der gesamten Weltbevölkerung geflogen sind.
Gleichzeitig wird eine nachhaltige Verkehrspolitik im Namen des Wachstums boykottiert. Zum Scheitern verurteilte Regionalflughäfen werden subventioniert, Defizite übernommen und die Preise für Flugtickets künstlich unten gehalten: Im Gegensatz zur Bahn ist der Flugverkehr von Mehrwertsteuer auf internationale Tickets, Energiesteuer und Ökosteuer befreit. Auch im Kyoto-Protokoll und im Pariser Klimaabkommen ist das Fliegen nur eine Randnotiz. Stattdessen wurde das Problem auf die UN-Luftfahrtbehörde ICAO abgerollt, die 2016 ein CO2-Kompensationssystem für den Luftverkehr beschloss. Demnach soll das Wachstum der internationalen Luftfahrt ab 2020 CO2-neutral, jedoch nicht begrenzt erfolgen. Nichts als heiße Luft, beklagen Klimaverbände.
Nicht-Fliegen wird Trend
Als Antwort darauf schlossen sich 2016 einzelne nationale Organisationen zu dem weltweiten Netzwerk „Stay Grounded“ zusammen, um durch Protestaktionen, Vernetzung mit politischen Akteuren und der Verbreitung ihres Positionspapieres den Neu- und Ausbau von Flughäfen zu stoppen und zu erreichen, dass der Flugverkehr weitestgehend durch umweltfreundlichere Alternativen ersetzt wird.
In Schweden hatte die Bewegung letztes Jahr ungeahnten Erfolg. Unter dem Motto „Flygskam“, das sich zum Wort des Jahres mauserte und auf Deutsch „Flugscham“ heißt, entwickelte sich das Nicht-Fliegen zu einem Trend: Innerschwedische Flüge gingen um drei Prozent zurück und alleine zwischen Malmö und Stockholm stieg die Belegung der Nachtzüge auf das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Das schwedische Beispiel zeigt: Mehr Bewusstsein macht einen Wandel möglich.