Ischtar Isik sprach im Gespräch mit Merkel Vorurteile gegenüber Beauty-YouTubern an.
Ischtar Isik sprach Vorurteile gegenüber Beauty-YouTubern an und entlockte Merkel so das klarste Statement der Runde: Jeder kann sich seine Meinung bilden. Foto: Screenshot

YouTuber interviewen Merkel: Ischtar Isik entlockte Bundeskanzlerin klarstes Statement der Runde

Nachdem es 2015 viel Kritik an einem Youtuber Interview mit Angela Merkel gibt, sollte nun alles besser gemacht werden. Vergangenen Mittwoch interviewten vier YouTuber live die Kanzlerin und entlockten ihr typische Phrasen, aber auch einiges Überraschendes.

Im Livechatfenster ploppten bereits mehr als eine halbe Stunde vor Sendebeginn sekündlich neue Kommentare auf. Emojis, Fanausrufe, Parteislogans und Beleidigungen mischten sich zwischen ernsthaft gestellte Fragen. Schon da fiel es schwer, keine zu kritische Meinung zum Revival von #NetzfragtMerkel von 2015 zu entwickeln. Damals interviewte LeFloid, bekannt für sein Nachrichtenkurzformat LeNews, Angela Merkel und erntete vor allem Kritik und Missgunst. LeFloid schien damals reichlich eingeschüchtert und beschwerte sich im Nachgang über das Ausnutzen seiner Reichweite.

Auch im Jahr 2017 hielten es Politik und Medienbranche für sinnvoll, mithilfe von YouTubern junge Wähler für das „trockene“ Thema zu begeistern. Vier von ihnen durften Merkel nun persönlich jeweils zehn Minuten Fragen stellen.

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Lisa alias ItsColeslaw wirkte reichlich nervös, als sie zunächst einmal nachfragt, ob die Anrede Frau Merkel überhaupt ausreicht. Auf ihrem YouTube-Kanal unterhält die Studentin ihre Follower sonst mit Videos wie „Nervige Unimomente“ und „Peinliche WhatsApp-Geschichten“. Ihre Fragen spiegeln mit Themen wie der sozialen Ungleichheit, Unterbezahlung in Pflegeberufen und einheitlichen Bildungsstandards Probleme einer politikkritischen Generation wider. Das Einmischen ihrer persönlichen Erfahrungen wirkt echt. Doch Merkel scheint unbeeindruckt.

Alexander Böhme alias Alexi Bexi entlockt der Kanzlerin mit seinen Fragen zu Entwicklungen in der Automobilbranche schon weitaus überraschendere Aussagen. Die Zuschauerzahl steigt gerade gen 50 000, als er Merkel auf konkrete Überlegungen in der Kontrolle von Neuwagen anspricht. Böhme wirkt dabei sicher. Fraglich bleibt, ob die Masse der jungen Wähler sich überhaupt dafür interessiert. Als er sie zum Schluss bittet, auf zwei persönliche Fragen zu antworten, weiß Merkel noch nicht, dass sie Minuten später als sogenanntes Meme im Internet landen wird. Ihr Lieblingsemoji? Der klassische Smiley, mit Herzchen und manchmal auch mit Schnute. Die strenge Stimmung wirkt gelockert, doch auch reichlich albern.

Ischtar Isik sprach Vorurteile gegenüber Beauty-YouTubern an und entlockte Merkel so das klarste Statement der Runde: Jeder kann sich seine Meinung bilden. Foto: Screenshot

Wenn eine Beauty-YouTuberin über Politik spricht

Die Dritte im Bunde war die 21-Jährige Ischtar Isik. Sie dreht Videos zum Thema Beauty, Lifestyle und Mode. Leider wirkt sie in ihrem Auftreten durchgängig verkrampft. Fragen werden rhetorisch gestellt und Antworten einfach hingenommen. Die Einstiegsfrage, ob die Wahlstimme überhaupt etwas bringt, wirkt platt und wird prompt mit abfälligen Kommentaren im Livechat beantwortet. Doch ihre nächsten Fragen sind wichtig. Wie werden die jungen Erstwähler angesprochen, wie geht Merkel mit Hass und Beleidigungen gegen die eigene Person um und was hält sie von der Kritik daran, dass eine Beauty-YouTuberin sie befragt? „Das heißt ja, jemand, der Friseurin oder Kosmetikerin ist, der kann sich gar nicht richtig eine Wahlentscheidung erarbeiten. Das ist ja nun wirklich absurd.“

Als die zehn Minuten von Mirko Drotschmann beginnen, merkt man schnell, dass Merkel hier nicht nur einem YouTuber, sondern auch Journalisten gegenübersitzt. Auf seinem Kanal stellt er kurze Wissenvideos zu aktuellen politischen Debatten, aber auch historischen Ereignissen online. Außerdem ist er Moderator beim MDR. Souverän stellt er Fragen zur Inhaftierung deutscher Staatsbürger in der Türkei und geht auch auf die Flüchtlingspolitik ein. Dabei hakt er nach und wirkt ruhiger als seine drei Vorgänger.

Dass am Ende niemand Merkel aus der Reserve locken konnte, lag auch an den Fragen der Community, die leicht zu beantworten waren.

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90er-Kid, Bücherwurm, Weltenbummler. Ich liebe Musik und das geschriebene Wort. Letzteres kann man von mir seit 2012 hier lesen. Meine große Leidenschaft gilt dem Theater, das mich mehr als alles andere fasziniert. Wenn ich durch die Straßen Berlins laufe, kommt mir das Leben vor wie eine Aneinanderreihung vieler kleiner Inszenierungen, deren Geschichten alle festgehalten werden wollen. So inspiriert mich unsere Hauptstadt stetig zu neuen Themen für unsere Seite.